David mit Goliath: Niedergelassene gründen Facharztklinik in Hamburg
Niedergelassene Operateure und das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) rücken eng zusammen. Rund 80 niedergelassene Ärzte ziehen mit der Facharztklinik Hamburg auf das UKE-Gelände.
Irritationen bei den Chefärzten, Skepsis bei den niedergelassenen Ärzten - so beschreiben beide Seiten die Reaktionen auf ihre Idee, als sie vor einem Jahr in konkrete Verhandlungen über einen Umzug der Facharztklinik auf das UKE-Gelände einstiegen. Denn die Belegärzte decken zum Teil das gleiche Spektrum ab wie das UKE. Und die Zahlen zeigen, dass sich hier David mit Goliath einlässt: Die Ärzte der Facharztklinik operieren 8.000 Patienten im Jahr, während das UKE fast 250.000 Patienten behandelt.
Deutliche Kostensenkungen erwartet Dr. Torsten Hemker, niedergelassener Orthopäde und ärztlicher Direktor der Facharztklinik, etwa für Küche und Gebäudemanagement.
Das UKE wiederum erhofft sich eine engere Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Ärzten. Komplizierte Fälle werden wegen der räumlichen Nähe voraussichtlich häufiger in das UKE eingewiesen, wobei Hemker aber die freie Arztwahl der Patienten betont.
Beide Seiten sehen für die Patienten nur Vorteile der Kooperation zwischen Grund- und Regelversorgung der Niedergelassenen und Hochleistungsmedizin der Uniklinik.
Für das UKE ist der Umzug der Facharztklinik auch Teil der Strategie, enger mit Niedergelassenen zu kooperieren.
Das UKE-Gebäude wird der Facharztklinik GmbH auf Basis eines Erbpachtvertrages zur Verfügung gestellt, der Umbau von der Gesundheitsbehörde mit 13 Millionen Euro gefördert.
Quelle: Dirk Schnack. Ärzte Zeitung 12.08.2008
Ministerium rügt KBV-Chef wegen Hausarzt-Vertrag Streit um AOK-Vereinbarung
Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) verlangt von KBV-Chef Dr. Andreas Köhler Zurückhaltung im Streit um Hausarztverträge, die ohne Beteiligung der KV geschlossen werden.
Köhler hatte in der KBV-Vertreterversammlung am 7. Dezember 2007 gesagt, die KBV werde "einen 73b-Vertrag ohne Beteiligung der KVen und mit Bereinigung der Gesamtvergütung (...) auf gar keinen Fall gangbar machen". Hintergrund war die damals aktuelle Ausschreibung der AOK Baden-Württemberg für einen Hausarztvertrag. Dafür hatten sich alle KVen - vergeblich - beworben.
Zum ersten Mal soll mit diesem AOK-Vertrag ein erheblicher Teil der Gesamtvergütung an der Körperschaft vorbei an teilnehmende Hausärzte verteilt werden. Den Zuschlag für den Vertrag haben der Hausärzteverband und der Ärztebund Medi erhalten.
Der zuständige Abteilungsleiter im BMG, Franz Knieps, sieht in Köhlers Aussage "eine Aufforderung zu einem rechtswidrigen Verhalten", heißt es in einem Schreiben an Köhler, das der "Ärzte Zeitung" vorliegt. Der KBV-Chef wird aufgefordert, "derartige Äußerungen künftig zu unterlassen". Vielmehr seien KVen und Kassen bei solchen Verträgen "verpflichtet", eine Bereinigung der Vergütung vorzunehmen.
Quelle: Ärzte Zeitung 11.02.2008
Wie Bürger rationieren würden
Befragungen zeigen klare Präferenzen für die Verteilung von Ressourcen
Mit der Kosten-Nutzen-Bewertung durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) kommen Entscheidungen auf die Agenda, nach welchen Prinzipien das vorhandene Geld am besten für die Gesundheitsversorgung verwendet werden soll.
Doch ist dies nicht nur eine Debatte für Fachleute. Denn Bürger haben erstaunlich präzise, aber nicht immer widerspruchsfreie, Vorstellungen über Gerechtigkeit und Fairness. Das berichtete Professor David Schwappach vom Institut für Sucht- und Gesundheitsforschung in Zürich bei einer von Sanofi-Aventis unterstützten Veranstaltung zur Ethik der Kosten-Nutzen-Bewertung in Berlin.
Beispielsweise haben sich Befragte zu 89 Prozent dafür ausgesprochen, "unter keinen Umständen" die zur Verfügung stehenden Mittel bei Krebspatienten zu kürzen. Bei Diabetes-Patienten sagen dies nur noch 33 Prozent der Befragten, bei Patienten mit Depressionen sogar nur sieben Prozent.
Das gilt auch für andere Kriterien der Vorrangigkeit von medizinischen Interventionen. So gebe es einerseits eine "relativ eindeutige und konsistente Präferenz", junge Menschen bei der Behandlung zu bevorzugen. Andererseits lehnten die Bürger fixe Altersgrenzen, ab der die Solidargemeinschaft nicht mehr für bestimmte Leistungen zahlt, ab.
Gespalten ist die Gesellschaft dagegen bei der Frage, ob "ungesundes Verhalten" des Einzelnen mitentscheiden soll, ob Patienten Anspruch auf solidarisch finanzierte Gesundheitsleistungen haben. Argumente für den effizienten Einsatz von Ressourcen vermischen sich bei diesem Thema mit "moralistischer Attitüde", berichtet Schwappach. Nach Angaben von Schwappach hat in den vergangenen zehn Jahren die Zustimmung der Bürger zur Notwendigkeit von Priorisierungsentscheidungen zugenommen, und zwar von etwa 23 Prozent (1995) auf 44 Prozent (2004). Hingegen habe parallel dazu das Vertrauen der Bürger in die Entscheider, etwa der Selbstverwaltung von Kassen und Ärzten, abgenommen. Präferenzen der Bürger zu berücksichtigen ist nach Schwappachs Fazit nicht nur möglich - sie sei auch "einer rein effizienz-orientierten Betrachtungsweise überlegen".
Quelle: Ärzte Zeitung 8.02.2008
EBM 2008: Versicherten- und Grundpauschale sind kombinierbar
Frage: Können in einem MVZ der tätige Hausarzt und der Orthopäde am selben Tag ihre Versichertenpauschale und Grundpauschale abrechnen?
Antwort: Dazu ist es erforderlich, dass jeder den Patienten persönlich sieht und den notwendigen Arzt-Patienten-Kontakt auslöst. Das bloße Einlesen der Versichertenkarte reicht nicht.
Quelle: Ärzte Zeitung 8.02.2008
EBM 2008: Praxisgebühr auch bei Telefonkontakt
Frage: Wird beim alleinigen telefonischen Kontakt (01435) die Praxisgebühr fällig?
Antwort: Ja. Verweigert ein Patient die Zahlung, mahnen Sie ihn an. Verweigert er nach Fristsetzung weiter die Zahlung, notieren Sie die Nr. 80044. An dieser Kennziffer erkennt die KV, dass Sie gemahnt haben, sie übernimmt die Beitreibung der Gebühr.
Quelle: Ärzte Zeitung 8.02.2008
EBM 2008: Wundversorgung - 02300 bis zu fünf Mal pro Sitzung
Frage: Auf einem Abrechnungsseminar wurde gesagt, die EBM-Nummer 02300 dürfe bis zu fünf Mal und auch neben der 02301 abgerechnet werden. Im EBM ist dies aber ausdrücklich ausgeschlossen. Gibt es da eventuell eine Neuregelung?
Antwort: Die durchaus nicht unumstrittene Ausschlussregelung hat sich nicht geändert. Das bedeutet: Die so genannten kleinchirurgischen Eingriffe nach den Nummern 02300 bis 02302 sind auch nach dem EBM 2008 nicht nebeneinander berechnungsfähig. Neu ist die Regelung, nach der bei Vorliegen eines Nävuszellnävussyndrom (ICD-10-GM: D22.-) und/oder mehreren offenen Wunden (ICD-10-GM: T01.-) die Leistungen nach den EBM-Nummern 02300 bis 02302 bis zu fünf Mal in einer Sitzung berechnet werden dürfen. Auch hier gilt, dass bei unterschiedlicher Wundversorgung, die die Abrechnung von 02300 und 02301 erklären würde, beide Leistungen nicht nebeneinander berechnet werden dürfen. Also: Bis zu fünf Mal 02300 oder bis zu fünf Mal 02301 - aber beide Leistungen nicht in einer Sitzung nebeneinander!
Quelle: Ärzte Zeitung 11.02.2008
EBM 2008: 01100 - auch bei unvorhergesehenen telefonischen Kontakten am Samstag
Frage: Bei einem lediglich telefonischen Kontakt am Samstag um 10 Uhr soll die Ziffer 01102 (285 Punkte) abgerechnet werden. Bei einem persönlichen Kontakt zur gleichen Unzeit dagegen wird neben der entsprechenden Versichertenpauschale durchaus die höher bewertete EBM-Nummer der unvorhergesehenen Inanspruchnahme (01100; 555 Punkte) angesetzt. Warum ist das - wenn auch ohne Versichertenpauschale - nicht auch bei einem telefonischen Kontakt am Samstagvormittag möglich? Kann auch eine unvorhergesehen erforderlich gewordene telefonische Information eines Patienten, die zum Beispiel wegen eines pathologischen Laborwertes nicht verschoben werden sollte, mit der 01100 angesetzt werden?
Antwort: Zur Lösung des Problems muss man die Leistungsinhalte sprachlich genau analysieren. Was dabei heraus kommt, ist Folgendes (ich beschränke mich nur auf den Samstag):
Die Nummer 01100 beinhaltet die "unvorhergesehene Inanspruchnahme" des Vertragsarztes durch einen Patienten an Samstagen zwischen 7 und 19 Uhr. In den Anmerkungen heißt es zu dieser Ziffer unter anderem: "Die Leistung nach der Nummer 01100 ist nicht berechnungsfähig, wenn Sprechstunden vor 7 Uhr oder nach 19 Uhr stattfinden oder Patienten zu diesen Zeiten bestellt werden." Um diese Zeit geht es aber nicht, sondern um die Stunden zwischen 7 und 14 Uhr - und für diese ist die Ansetzbarkeit von 01100 nicht ausgeschlossen.
Die Nummer 01102 beinhaltet dagegen: "Inanspruchnahme des Vertragsarztes an Samstagen zwischen 7 und 14 Uhr." Das war's! Sowohl bei der Ziffer 01100 als auch bei der Nummer 01102 findet sich kein Hinweis auf den Begriff "Sprechstunde" oder "Notfall".
Damit ist nach dem Wortlaut klar: Einbestellte Patienten oder geplante Telefonate am Samstag zwischen 7 und 14 Uhr sind mit der EBM-Ziffer 01102 abzurechnen. Unabhängig davon, ob ich Sprechstunde am Samstag abhalte oder nicht, ist jeder Patient, der mich "unvorhergesehen" - aus welchem Grunde auch immer - in Anspruch nimmt, mit der Nummer 01100 abzurechnen. Dies unterstreicht sogar der der KBV sehr nahestehende EBM-Kommentar von Wezel/Liebold: "Mit der Nummer 01102 wird die geplante Inanspruchnahme eines Vertragsarztes oder seines persönlichen Vertreters an Samstagen zwischen 7 und 14 Uhr abgegolten."
Meines Erachtens gilt also die Faustformel:
* geplanter Arzt-Patienten-Kontakt am Samstag zwischen 7 und 14 Uhr: 01102
* unvorhergesehener Arzt-Patienten-Kontakt am Samstag: 01100. Hier muss aber die Inanspruchnahme vom Patienten ausgehen. Wenn der Patient vom Arzt angerufen wird - auch wenn eine dringende Notwendigkeit besteht -, ist die Nummer 01102 anzusetzen!
Quelle: Ärzte Zeitung 17.01.2008
Privatliquidation im Monatsrhythmus
Die Liquidation bei Privatpatienten und Selbstzahlern stellt hohe Anforderungen an die Buchhaltung. Unter anderem ist ein konsequentes Mahnwesen hilfreich.
Mit der Zahlungsmoral von Privatpatienten und Selbstzahlern ist es nicht immer zum besten bestellt. Praxisteams sollten bei Privatrechnungen säumige Patienten rechtzeitig mahnen, um zeitnah an ihr Honorar zu kommen. Das belegen unter anderem Zahlen des Verbands der Privatärztlichen VerrechnungsStellen (PVS). Angesichts der Bedeutung der Privathonorare empfiehlt die PVS Rhein-Ruhr/Berlin-Brandenburg die schnelle Rechnungsstellung und ein konsequentes Inkasso.
So empfiehlt sich das Erstellen von Rechnungen für Privatpatienten und Selbstzahler im Monatsrhythmus. Auch die Mahnungen sollten in diesem Turnus erfolgen. Privatpatienten und IGeL-Patienten, die mit ihrer Rechnung in Verzug sind, können Verzugszinsen in Rechnung gestellt werden. Eine Hilfestellung zu deren Berechnung gibt es im Internet unter der Web-Adresse http://www.basiszinssatz.de.
Quelle: Theresia Wölker. Ärzte Zeitung 12.02.2008
Durchsuchung wegen 75 Euro: Ärztin wehrt sich mit Erfolg
Bundesverfassungsgericht: Ein Tatverdacht für Abrechnungsbetrug bestand nicht
Der Vorwurf des Abrechnungsbetrugs kann Ärzte heutzutage schnell treffen. Aber nur vage Vorwürfe von Patienten, Luft-Leistungen in Rechnung gestellt zu haben, reichen für eine imageschädigende Durchsuchung der Praxis nicht aus - schon gar nicht, wenn es lediglich um 75 Euro geht.
Das ist das Fazit, dass Ärzte aus der jüngsten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ziehen dürfen (Az.: 2 BvR 1219/07). Die Verfassungsrichter hatten über die Beschwerde einer Ärztin zu entscheiden, deren Praxis Anfang 2006 durchsucht worden war.
Der Anlass: Die Kollegin hatte einer Patientin Kosten für eine Ultraschalluntersuchung in Höhe von 74,71 Euro in Rechnung gestellt. Die Patientin behauptete, dass diese Leistung nie erbracht worden sei - und wich von ihrer Meinung auch nicht ab, nachdem sie Abdrucke der Ultraschallbilder bekommen hatte. Deren Echtheit zweifelte sie an, vor allem deswegen, weil die Uhrzeit auf den Fotos nicht mit der damaligen Behandlungszeit übereinstimmte.
Diese zeitliche Unstimmigkeit reichte dem Ermittlungsrichter und später auch dem Landgericht Bonn aus, einen Tatverdacht zu bejahen und die Durchsuchung der Praxis für rechtmäßig zu halten. Dagegen sah das Bundesverfassungsgericht überhaupt keinen Anhaltspunkt für einen hinreichenden Tatverdacht. Das Landgericht habe die nahe liegende Überlegung, die Uhrzeit könne ohne Zutun der Ärztin falsch wiedergegeben worden sein, gar nicht angestellt. "In Anbetracht des relativ geringen Betrugsschadens und der Tatsache, dass ein kaum über bloße Vermutungen hinausreichender Tatverdacht bestanden hat, war die Durchsuchung unverhältnismäßig", so das BVerfG.
Quelle: Ärzte Zeitung 11.02.2008
Teure Geschenke an Ärzte sind nicht erlaubt
Sittenwidrige Werbung: Pharmahersteller verurteilt
Das Angebot eines Pharmaunternehmens, das Ärzten im Internet einen teuren Wasserspender zum Vorzugspreis angeboten hatte, verstößt gegen die guten Sitten im Wettbewerb und ist ebenso unzulässig wie das Angebot kostenloser Beratungsleistungen durch externe Unternehmensberater.
Das hat jetzt die 1. Handelskammer des Landgerichts (LG) München I in einem noch nicht rechtskräftigen Urteil entschieden. Geklagt hatte der Verein Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie, eine Initiative des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller (VFA), gegen einen Pharmahersteller, der nicht Mitglied im Verein ist.
Angebote wie ein 700 Euro teurer Wasserspender zum "exklusiven Vorzugspreis" oder kostenlose Management-Beratungsleistungen für Niedergelassene verstoßen nach Ansicht des Vereins gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, weil dadurch die Entscheidungsfreiheit der Ärzte durch unangemessenen unsachlichen Einfluss beeinträchtigt werde.
Im Übrigen vertrete auch die Pharmaindustrie die Ansicht, dass teure Geschenke nicht gewährt werden dürfen, urteilte das Landgericht. Dabei bezog es sich ausdrücklich auf den "Kodex zur Freiwilligen Selbstkontrolle der Arzneimittelindustrie" des Vereins Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie sowie auf die "Verhaltensempfehlungen für die Zusammenarbeit der pharmazeutischen Industrie mit Ärzten".
Urteil des Landgerichts München I, Az.: 1 HK O 13279/07. Der Kodex zur freiwilligen Selbstkontrolle: http://www.fs-arzneimittelindustrie.de
Quelle: Ärzte Zeitung 11.02.2008
Ultraschall hilft Wunden heilen
Wie sich Wunden mit niederfrequentem Ultraschall optimal für eine Haut-Transplantation vorbereiten lassen, untersuchen Forscher des Fraunhofer-Instituts für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU in Chemnitz. "Wir haben ein Gerät entwickelt, bei dem sich die Behandlungsfrequenzen der Ultraschallwellen in einem Bereich von 20 bis 120 Kilohertz variieren lassen, ebenso ist die Leistung regelbar", erklärt Dr. Gunther Naumann, Gruppenleiter am IWU. "Um die Durchblutung in den unteren Hautschichten anzuregen, brauchen wir niedrigere Frequenzen, um die oberen Schichten der Wunde zu reinigen, höhere Frequenzen."
Nach der Behandlung steigt die Sauerstoffkonzentration für 30 Minuten an. Weitere Untersuchungen müssen zeigen, ob bei mehrmaliger Behandlung dauerhaft ein höheres Niveau erreicht wird.
Quelle: Dermatologie, 24.01.2008, Newsletter Chirurgie, Ausgabe 7.2.2008
Sinnloses Ritual? Die Wahrheit übers Händewaschen
Banale Dinge des Alltags wie bloßes Händeschütteln oder das Berühren von Türklinken bergen die größten Gefahren, sich fiese Keime einzuhandeln. Hier tummeln sich die Erreger von Erkältungen, Magen-Darm-Erkrankungen oder Atemwegsinfekten nämlich besonders gern. Erleichtert wird die Ausbreitung, da sich Menschen viel häufiger, als ihnen selbst bewusst ist, mit den Händen über den Mund fahren oder die Augen reiben.
Häufiges Händewaschen ist aber ein effektiver Weg, um die Ausbreitung der Erreger einzudämmen. Australische Forscher konnten herausfinden, dass durch konsequentes Händewaschen mehr als zehnmal am Tag die Ausbreitung von Atemwegsviren um 55 % reduziert werden konnte. Noch effektiveren Schutz bringt das zusätzliche Tragen von Handschuhen, Atemmasken und Schutzkleidung - die Verbreitungsrate konnte so sogar um 91 % gesenkt werden.
Im Alltag ist demnach häufiges Händewaschen die praktikabelste Möglichkeit, sich selber die Erreger vom Hals zu halten, oder um andere zu schützen, wenn es einen selbst schon erwischt hat.
Beruhigend ist, dass man durch Küssen kaum eine Erkältung bekommt - die Viren lassen sich auf diesem Weg zum Glück nur sehr schwer übertragen.
Quelle: Am J Infect Control 2007, 35: 86; BMJ 2008, 336: 55, Newsletter Chirurgie, Ausgabe 7.2.2008
Erster europäischer Notruf-Tag: Deutsche zu wenig informiert
Nur etwa jeder fünfte EU-Bürger weiß, dass er unter der Rufnummer 112 in der gesamten Europäischen Union den Rettungsdienst alarmieren kann. Mit diversen Aktionen in mehreren europäischen Städten, darunter Stuttgart und Brüssel, wurde daher auf dem heutigen ersten europäischen Notruftag auf die Bedeutung der einheitlichen Notrufnummer aufmerksam gemacht.
Quelle: ps/aerzteblatt.de Montag, 11. Februar 2008
Faule Ärzte? London droht mit Wettbewerb
Neuer Streit um die Praxisöffnungszeiten in Großbritannien: Britische Hausärzte geraten vom Londoner Gesundheitsministerium zusehends unter Druck, ihre Praxen abends und an Wochenenden zu öffnen.
Das Gesundheitsministerium drohte den rund 32.000 Primärärzten des staatlichen Gesundheitswesens (National Health Service, NHS) in diesem Herbst mehrfach damit, zukünftig öfter private Leistungsanbieter ins Geschäft bringen zu wollen, sollten die NHS-Hausärzte nicht flexibel sein. Das stört wiederum die Ärzteschaft. Der Hintergrund ist ernst. Staatliche Hausarztpraxen arbeiten nach Untersuchungen des britischen Industrieverbandes (Confederation of British Industry, CBI) "zu langsam und zu umständlich".
Folge laut Unternehmerverband: jährlich gehen im Königreich rund 3,5 Millionen Arbeitstage verloren, weil sich Arbeitnehmer freinehmen, um ihren Hausarzt zu besuchen. Das koste die britische Volkswirtschaft "jährlich rund eine Milliarde Pfund" (mehr als 1,5 Milliarden Euro), so der Verband weiter.
Britische Hausärzte haben seit dem Frühjahr 2007 die Möglichkeit, ihre Praxen an Wochenenden und an gesetzlichen Feiertagen geschlossen zu halten und stattdessen private Vertretungsdienste einzuschalten. Neun von zehn Praxen machen davon Gebrauch.
Abends waren staatliche Hausarztpraxen noch nie länger geöffnet. Wer in Großbritannien abends krank wird, muss entweder ins nächste Krankenhaus gehen oder telefonischen Rat einholen. All das soll sich nach dem Willen von Premierminister Gordon Brown zukünftig ändern.
Die Ärzte wurden aufgefordert, öfter an Wochenenden und abends nach 18 Uhr zu arbeiten.
Quelle: Ärzte Zeitung 8.02.2008
Deutsche sind für Zweitmeinung
Studie: 87 Prozent der Bevölkerung wünschen, dass Hausarzt Kollege konsultiert
Bei der Suche nach Gesundheitsinformationen stehen die Deutschen dem Internet vergleichsweise aufgeschlossen gegenüber.
Nach einer aktuellen repräsentativen Umfrage in fünf europäischen Ländern nutzen elf Prozent das Datennetz zu diesem Zweck regelmäßig, 39 Prozent greifen gelegentlich darauf zurück. Im Durchschnitt der fünf Länder liegt die Nutzungsrate bei 46 Prozent.
Das Assistance-Unternehmen Europ Assistance, das zur Versicherungsgruppe Generali gehört, hat Ende 2007 wie schon ein Jahr zuvor bei 2.000 Personen in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Schweden die Einstellungen zu verschiedenen Gesundheitsthemen abgefragt. Dabei war die Vorliebe fürs Internet am größten in Großbritannien (56 Prozent) und am geringsten in Frankreich (33 Prozent).
Die - in Deutschland verbotene -medizinische Beratung ausschließlich via Internet halten nur wenige Patienten hier zu Lande für sinnvoll. 71 Prozent lehnen sie ab, nur 24 Prozent sprechen sich dafür aus.
Zum Vergleich: In Schweden sind 60 Prozent für die Online-Beratung, 24 Prozent dagegen. Die wenigsten Befürworter hat die Beratung über das Netz in Frankreich mit lediglich 14 Prozent.
Die weit überwiegende Mehrheit der Deutschen (87 Prozent) würde es begrüßen, dass der Hausarzt vor der Empfehlung einer bestimmten Behandlung die Krankenakte zum Einholen einer Zweitmeinung an einen Kollegen schickt. Das lehnen nur zwölf Prozent ab. Die höchste Zustimmung gibt es hier erneut in Schweden (92 Prozent), die geringste in Großbritannien (67 Prozent). 68 Prozent der Deutschen wären bereit, eine Zweitmeinung aus eigener Tasche zu bezahlen.
Quelle: Ärzte Zeitung 12.02.2008
EU-Parlament: Medizinpersonal besser schützen!
Die Abgeordneten des Europaparlaments (EP) fordern EU-weite Vorschriften, um Arbeitnehmer besser vor einer Ansteckung mit Krankheiten zu schützen, die durch Blut übertragen werden.
Dies beträfe vor allem medizinisches oder pflegerisches Personal. Durch Verletzungen mit Injektionsnadeln und scharfen medizinischen Gegenständen könnten sich die Fachkräfte mit mehr als zwanzig verschiedenen, zum Teil lebensbedrohlichen Erregern infizieren. Dazu gehören das Hepatitis B- und C- sowie das HI-Virus. Entsprechende Vorschriften sollten spätestens Mitte 2009 in Kraft treten, heißt es in einem Bericht des Europaparlaments.
Quelle: Ärzte Zeitung 12.02.2008
Sieben medizinische Mythen widerlegt
Die medizinische Praxis strotzt vor Mythen und niemals belegten Behauptungen, die von Generation zu Generation tradiert werden. Es ist an der Zeit, mit derartigen Ammenmärchen aufzuräumen.
1. Trinke täglich acht Gläser Wasser!
Viele Ärzte empfehlen dies nicht nur ihren älteren Patienten. Für den Sinn dieser Maßnahme gibt es in der medizinischen Literatur keine Belege. Mit der Nahrung und den üblichen Standardgetränken wird dem Organismus ausreichend Flüssigkeit zugeführt.
2. Nur 10 % unseres Gehirns wird genutzt!
Dies soll unter anderem Albert Einstein behauptet haben. Die spekulative Aussage wurde mittlerweile durch Studien an Hirnverletzten, Schnittbilddarstellungen, Mikrostrukturanalysen, funktionellen MRTs und Stoffwechseluntersuchungen vollständig widerlegt.
3. Haare und Fingernägel wachsen auch nach dem Tod weiter!
Dies ist purer Unsinn. Nagel- und Haarwachstum erfordert komplexe endokrine und metabolische Vorgänge, die nach dem Tod nicht aufrechterhalten werden können.
4. Lesen bei schlechtem Licht ruiniert die Sehfähigkeit!
Tatsächlich kommt es beim Lesen in schlechtem Licht allenfalls zu einem Gefühl, nicht mehr ausreichend fokussieren zu können. Ophthalmologen sind sich heute einig, dass Lesen bei schwachem Licht zu keiner dauerhaften Schädigung der Augen führt.
5. Abrasierte Haare wachsen schneller und kräftiger nach!
Diese Sorge treibt vor allem junge Mädchen um, die sich die Beine rasieren. Tatsächlich wurde seit 1928 in einer klinischen Studie gezeigt, dass das Rasieren keinen Effekt auf das Haarwachstum hat. Auch die Haardicke und die Geschwindigkeit des Haarwachstums bleiben durch das Rasieren unbeeinflusst.
6. Handys sind im Krankenhaus gefährlich!
Bislang gibt es keine Hinweise, dass es durch den Gebrauch von Mobiltelefonen in Krankenhäusern zu Todesfällen oder schwerwiegenden Komplikationen mit medizinischen Geräten gekommen ist. In der Mayo Clinic wurden 2005 510 Tests mit 16 verschiedenen medizinischen Geräten und sechs Mobiltelefonen durchgeführt, die eine Inzidenz von Interferenzen von nur 1,2 % ergaben. Diese Interferenzen traten nach einer Untersuchung aus europäischen Krankenhäusern auch nur in einer Entfernung von unter einem Meter zwischen Handy und medizinischem Gerät auf.
7. Truthahnfleisch macht müde!
Truthahnfleisch soll angeblich einen besonders hohen Gehalt der Aminosäure Tryptophan haben. L-Tryptophan wird auch als Schlafmittel vertrieben, wodurch der Mythos entstand, nach dem Genuss von Truthahnfleisch würde man müde. Tatsächlich enthält Truthahn keine extrem hohen Konzentrationen von Tryptophan. Es ist eine Binsenweisheit, dass große Mahlzeiten die Schläfrigkeit erhöhen. Nachdem Truthahn ein typisches Weihnachtsgericht ist und während der Festtage besonders viel und lange gegessen wird, erscheint die Erklärung für dieses Phänomen auf der Hand zu liegen.
Autor: Prof. Hermann. S. Füeßl
Quelle: R. C. Vreeman, A. E. Carroll (rvreeman@iupui.edu). Medical Myths. BMJ, 335 (2007), 7633, 1288-1289
MMW Fortschr Med 2008; 150(5):22, Newsletter Chirurgie, Ausgabe 7.2.2008
Prof. Dr. Jost Brökelmann, Redakteur BAO-MAO-Aktuell
Bundesverband für Ambulantes Operieren e.V. – BAO
Präsident Dr. med. Jörg-A. Rüggeberg
Vereinsregister VR 6346
Managementgesellschaft Ambulantes Operieren – MAO
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