27.03.06: BAO-MAO-EXTRA

BAO-MAO-Aktuell – Extra vom 27. März 2006
Nachrichten für Ambulante Operateure und Anästhesisten
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+++ Ärzte-Protest-Tag am 24. März 2006 +++

Der Protest-Tag in Berlin war wieder eine beeindruckende Demonstration des Willens der Ärzte, der Arzthelferinnen und der Patienten. Es war die Steigerung des Protestes vom 18. Januar 2006. Dieser Protest-Tag hat jetzt bei den Teilnehmern zu der Gewissheit geführt: Die Zeiten des staatlichen Dirigismus in Form der Staatsmedizin durch Selbstverwaltungsorgane sind vorbei und der freie Wille der Betroffenen im Gesundheitswesen setzt sich durch: Freie Arztwahl, Freiberuflichkeit, Sicherstellung einer wohnortnahen ambulanten Haus- und Fachärzte-Versorgung sowie Mündigkeit und Selbstverantwortung der Bürgerinnen und Bürger sind die Ziele.

Auftakt-Reden
Prof. Dr. Jörg Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer, unterstrich u. a., dass wir Ärzte nicht länger als Erfüllungsgehilfen staatlicher Rationierung missbraucht werden wollen (http://www.arzt.de/Aktuelles/20060324/20060324.html). Auch brachte er die Nachricht über, dass am Vortage das Bundesgesundheitsministerium für Gesundheit den Vorsitzenden der KBV Dr. Köhler abgemahnt hat, er habe kein politisches Mandat, für die Vertragsärzte zu sprechen und müsse sich aller Äußerungen, die gegen den Staat gerichtet seien, enthalten. Dr. Köhler selbst bestätigte dann diese Abmahnung und berichtete, dass kurz vor dem Beginn dieser Protestveranstaltung die Vertreterversammlung der KBV entgegen der Mahnung des BMG beschlossen habe, alle Vertragsärzte nach ihrer Meinung zur Frage des öffentlich-rechtlichen Status der KVen zu befragen. (http://www.kbv.de/7712.html).
Vertreter sowohl der Arzthelferinnen als auch der Patientenvereinigungen bekräftigten, dass Patienten, Arzthelferinnen und Ärzte in einem Boot säßen, nicht nur weil ihre Arbeitsplätze, sondern auch weil die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung durch die geplanten staatsdirigistischen Eingriffe gefährdet seien.

Der Marsch
Beeindruckend waren die Vielzahl der Transparente und deren Aussagen, die treffend die Stimmung „im Volk“ wiedergaben. In Teilen des Zuges kam echt Stimmung auf: Trommler brachten Rhythmus in die Demonstranten, und eine Gruppe mit einem Akkordeonspieler sorgte für Stimmung mit Spottliedern auf Ulla Schmidt zu bekannten, volkstümlichen Klängen. Es war völlig friedlich und z. T. sogar lustig.

Vor dem Brandenburger Tor
Die Abschlussreden nahmen u. a. den wiederholt geäußerten Ruf nach Entlassung der Gesundheitsministerin Ulla Schmidt und den Ruf nach einer gemeinsamen Dachorganisation der Ärzteschaft wieder auf. Sie gipfelten in der Berlin-Essener Resolution der deutschen Ärzteschaft vom 24. März 2006, die im Wortlauf folgt und die über das Internet herabgeladen werden kann (http://www.essener-resolution.de/Gesundheitspolitik/pages/resolution.html).

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Berlin - Essener Resolution der deutschen Ärzteschaft (24. März 2006)

1. Wir fordern, die freie Arztwahl durch die Patientinnen und Patienten beizubehalten und die Unabhängigkeit und Freiberuflichkeit der Ärzte zu sichern.
2. Wir fordern für unsere Klinikärzte international konkurrenzfähige Gehälter, die Bezahlung aller Überstunden und die Anerkennung von Bereitschaftsdiensten als vollwertige Arbeitszeiten.
3. Wir lehnen den uns von Politik und Kassen aufgezwungenen, überflüssigen und monströsen Bürokratismus ab. Er stiehlt uns die Zeit für die Patientenversorgung. Wir lassen uns nicht weiter zu Erfüllungsgehilfen einer staatlichen Rationierungsbürokratie degradieren.
4. Wir fordern die Sicherstellung einer wohnortnahen ambulanten Haus- und Fachärztlichen Versorgung durch unabhängige Ärzte, eine Mindestvergütung auf Basis des versprochenen Punktwertes von 5,11 Cent, das Ende der Budgetierung ärztlicher Leistungen sowie den Erhalt der privaten Krankenvollversicherung.
5. Wir sind gegen eine staatlich diktierte Listenmedizin und eine auf Rationierung ausgerichtete Einheitsgebührenordnung mit staatlich diktierten Dumpingpreisen – beides führt zu inakzeptablen Qualitätseinbußen in der Medizin.
6. Wir fordern von der Politik endlich öffentliche Ehrlichkeit und eine Stützung des Vertrauensverhältnisses zwischen Patient und Arzt. Für Rationierungen sollen diejenigen einstehen und sich verantworten, die meinen, sie anordnen zu müssen.
7. Wir lehnen jede Koppelung des Verordnungsverhaltens der Ärzte an ihre Vergütung ab. Bonus-Malus-Regelungen sind unmoralische Angebote und dienen nur dem Zweck, die staatlich gewollte heimliche Rationierung unter Demontage der ärztlichen Integrität am Patienten zu vollstrecken.
8. Wir lehnen jede Abwälzung des Morbiditätsrisikos sowie der Mehrkosten medizinischer Innovationen unserer alternden Gesellschaft auf die Ärzte ab.
9. Wir lehnen die Einführung der "Elektronischen Gesundheitskarte" ab, so lange die Unverletzlichkeit der Patientendaten nicht gesichert ist und so lange keine nachvollziehbare Kosten-Nutzen-Analyse vorliegt. Wer den wirtschaftlichen Nutzen an der „eCard“ hat, soll auch deren Kosten tragen.
10. Wir fordern den Wechsel zum Kostenerstattungsprinzip im deutschen Gesundheitswesen, damit für Patient und Arzt Transparenz hergestellt wird und der Arzt wieder ausschließlich Anwalt seiner Patienten sein kann.

In unserer Demokratie müssen alle Bürgerinnen und Bürger als mündig und selbstverantwortlich ernst genommen werden. Dazu gehört notwendig die Freiheit, über den Umfang der eigenen Gesundheitsversorgung frei von Bevormundung durch Staat oder Kostenträger selbst und eigenverantwortlich bestimmen zu dürfen.

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Fazit
Seit dem 24. März 2006 ist zumindest den Teilnehmern dieses Protest-Tages klar, dass es keine Alternative zu dem Weg aus der Staatsmedizin in ein freies und sozial- und marktwirtschaftlich orientiertes Gesundheitssystem gibt. Das „alte“ System des sozialen Fürsorgestaates hat zu immensen Schulden der Sozialsysteme geführt. Bezeichnender Weise hat am Protest-Tag der Ärzte der niedersächsische Ministerpräsident Wulff zu einem nationalen Entschuldungspakt aufgerufen, damit dieser Schuldenberg in einer gemeinsamen Anstrengung der Bundesländer abgebaut wird. Erst wenn das Ausmaß dieser Schulden und die zukünftige Belastung für die Deutschen feststehen, kann über den finanziellen Rahmen einer Basisversorgung der deutschen Bevölkerung entschieden werden.

Wir gehen spannenden Zeiten entgegen: Die KVen werden ihren öffentlich-rechtlichen Status verlieren, die Ärzte werden zunehmend unternehmerisch denken müssen, und die Patienten werden wegen einer immer höheren Eigenbeteiligung sich überlegen, welche medizinische Leistungen sie anfordern wollen.

Für die Ärzte bleibt eine Hauptaufgabe, eine unabhängige Interessenvertretung als Dachorganisation für Deutschland zu etablieren. Zwei Wege bieten sich an: 1. Die bisherigen freien Ärzteverbände gründen eine Dachorganisation. 2. Die Kassenärztlichen Vereinigungen bilden - befreit von ihren öffentlich-rechtlichen Fesseln – die Dachorganisation in Form einer Genossenschaft o. ä. Letzteres hätte den Vorteil, dass die KVen mit ihren Verwaltungsstrukturen und ihrer Organisationserfahrung und nicht zuletzt mit ihrem Kapital – die KVen gehören den Kassen-Vertragsärzten! – für die Ärzteschaft weiterhin tätig ist. Die demokratischen Strukturen müssten auf alle Ärzte ausgeweitet werden, wobei die Verbände im Ärzteparlament wie politische Parteien im Bundestag vertreten sein können. Die Ärzte hätten mit ihrer kassenärztlichen Genossenschaft einen starken Verhandlungspartner für die Krankenkassen bzw. Krankenversicherungen. Bis auf eine Basisversorgung wäre das Gesundheitswesen dann privatisiert, ähnlich wie es schon heute in Holland der Fall ist.

BAO-MAO-Aktuell wird Sie zeitnah auf dem Laufenden halten. Alle zurückliegenden Argumente für und wider die Entwicklungen im Gesundheitswesen können Sie frei im Internet nachlesen unter http://www.arzt-in-europa.de und http://www.mao-bao.de.

Prof. Dr. Jost Brökelmann
Redakteur BAO-MAO-Aktuell

Bundesverband für Ambulantes Operieren - BAO
Managementgesellschaft Ambulantes Operieren – MAO
Sterntorbrücke 1, D-53111 Bonn
Tel.: 0228-692423
Fax: 0228-631715
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