"Die einzige Lösung - Gürtel enger schnallen!"
Der Medizinsoziologe Professor Jost Bauch von der Uni Konstanz hält den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für nicht mehr finanzierbar. Bauch mahnte eine gesellschaftliche Diskussion über den Umfang einer solidarisch finanzierten Grundversorgung an.
"Ich weiß keine Lösung, außer dass wir künftig den Gürtel enger schnallen müssen", sagte Bauch in der Kieler Hermann Ehlers Akademie. Für ihn steht fest, dass man über ganze Leistungsbereiche, die aus der solidarischen Finanzierung herausgenommen werden müssen, nachdenken sollte. Als Beispiel nannte er den Bereich Zahnmedizin. Mehr als eine Grundversorgung könne die GKV künftig nicht mehr abdecken. Sonst werde es in Deutschland zu einer stärkeren Rationierung etwa in Form von Wartelisten kommen.
Die Überlastung der GKV ist für Bauch nur ein Beispiel von mehreren ungelösten Problemen. Einen Königsweg zur Lösung von Problemen wie Überalterung, Überschuldung und Überforderung der Sozialsysteme gibt es nach seiner Ansicht nicht. Verantwortlich macht der Medizinsoziologe die Generation der zwischen 1940 und 1970 geborenen Menschen in Deutschland. "Wir haben alles an Wohlstand verzehrt, was da war", sagte Bauch. Für ihn steht fest: "Man war zu faul, für den gewünschten Wohlstand lange genug zu arbeiten."
Bauch rechnet schon in naher Zukunft mit Generationenkonflikten, weil Renten trotz staatlicher Zusagen unweigerlich gekürzt werden müssten.
Eines der Kernprobleme ist für ihn die geringe Kinderzahl in Deutschland. Im internationalen Vergleich liegt Deutschland mit 1,35 Kindern je Frau weit abgeschlagen. Eine Erhöhung der Zuwanderung hält Bauch als Lösung für die Probleme für nicht geeignet.
Um den Geburtenrückgang der Deutschen aufzuhalten, sei eine Zuwanderungswelle von einem Ausmaß notwendig, das zu viele gesellschaftliche Veränderungen nach sich ziehen würde.
Quelle: Ärzte Zeitung 29.05.2007
GKV: Mehr Wirtschaftlichkeit erforderlich
Die Gesundheitsreform krankt nach Ansicht des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) unter anderem daran, dass sie keine Vorsorge in Form von Elementen der Kapitaldeckung für den demografischen Wandel vorsehe.
Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) der Rentner habe 2006 mit 3.768 Euro je Versicherten bereits dreimal so viel ausgegeben wie für die Erwerbstätigen. Die Ausgaben der GKV für die älteren Versicherten seien von 1991 bis 2006 um 62 % gestiegen, gegenüber knapp 43 % für die übrigen Versicherten.
Ein weiterer Schwachpunkt der Reform sei, dass sie wenig Raum für ein kostenbewusstes Verhalten biete. Der durch die neuen Wahltarife geschaffene Wettbewerb zwischen den GKV-Kassen werde zudem 2009 mit dem Gesundheitsfonds und dem damit verbundenen Einheitsbeitragssatz wieder ausgehebelt.
Die Untersuchung des IW schlägt vor, um zu einem wirtschaftlicheren Umgang mit den knappen finanziellen Mitteln anzuspornen, sollten die einkommensabhängigen GKV-Beiträge auf kostenabhängige Versicherungsprämien umgestellt werden.
In einem solchen Modell bleibe der Solidargedanke durchaus gewahrt, denn Gesunde und Kranke würden die gleiche Prämie zahlen, sozial Schwache würden aus Steuermitteln unterstützt und alle Versicherten haben denselben Anspruch auf medizinische Leistungen. Die Studie von Jochen Pimpertz: Wettbewerb in der gesetzlichen Krankenversicherung - Gestaltungsoptionen unter sozialpolitischen Vorgaben, IW-Positionen Nr. 28, Köln 2007, 60 Seiten, 11,80 Euro kann über Fax: 0221 4981-445 oder unter: http://www.divkoeln.de bestellt werden.
Quelle: Schütze-Brief • Gesundheitspolitischer Info-Dienst, 24. Mai 2007, Nr.39/2007, 14
Elektronische Gesundheitskarte: Zentrale Forderungen
Das was der Bundesbeauftragte für den Datenschutz berichtete, hinterließ selbst bei Hartgesottenen blankes Staunen: "So meldete sich bei einer brustamputierten Frau ein Hilfsmittelberater, der ihr eine Brustprothese anbot – maßgeschneidert auf ihre Bedürfnisse. Woher er das wisse, fragte die Frau. Na, von ihrer Krankenkasse, war die Antwort. Die hatte dem Berater sogar Fotomaterial von der Operationsnarbe geliefert. Angeblich, um durch die Beratung Kosten zu sparen. Ein unglaublicher Fall, heißt es beim Bundesdatenschutzbeauftragten.
Unglaubliche Fälle gibt es genug: Die Krankenkassen liefern die Daten von Versicherten an Hersteller von Rollstühlen, sie fordern Bildmaterial von Brust- und Beinprothesen am Patienten. Oft werden die Diagnosen wild in der Gegend herumgeschickt, um das billigste Angebot zu bekommen. Mit dem Argument des Kostendrucks wird der elementarste Datenschutz vernachlässigt", so steht es in einem Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 25. April 2007.
Grund genug für den NAV-Virchow-Bund, beim Thema "elektronische Gesundheitskarte" den Datenschutz und das Arzt-Patienten-Verhältnis stärker in den Fokus zu rücken: "Patienten-Daten sind ein Bestandteil des Arzt-Patienten-Verhältnisses. Dieses vertrauensvolle Verhältnis steht im Mittelpunkt jeder Patienten-Arzt-Beziehung und ist somit ein Wert an sich. Wir brauchen dringend eine Werte-Diskussion, um diese Beziehung angesichts der vor uns liegenden Herausforderungen neu zu bestimmen und die Deutungshoheit darüber nicht den Technokraten zu überlassen", erklärt der Bundesvorsitzende des NAV-Virchow-Bundes, Dr. Klaus Bittmann.
Daraus ergeben sich für den NAV-Virchow-Bund folgende zentrale Forderungen:
- Im Mittelpunkt muss der Erhalt der vertrauensvollen Arzt-Patienten-Beziehung stehen.
- Patientendaten sind absolut vertraulich und die Entscheidungsgewalt über die Daten liegt allein beim Patienten. Der Patient entscheidet nach Rücksprache mit seinem Arzt, welche Daten gespeichert werden; die Entscheidung des Patienten muss jederzeit revidierbar sein.
Es darf keine systematische und bürokratische Erfassung des Menschen geben.
- Keine zentrale Speicherung. Die Zentrale Speicherung ist ein Hoch-Sicherheits-Risiko für den Datenschutz.
- Politische Argumente für Notfalldaten und Medikationsabgleich sind durch sachliche Gründe zu relativieren. Notfallmediziner halten die Implementierung von Notfalldaten für eine Schimäre; Wechselwirkungsabgleich von Medikamenten ist nur bei absolut lückenloser Medikation (also inklusive OTC-Präparate) möglich, demnach also nahezu ausgeschlossen.
Quelle: der niedergelassene arzt 5/2007, 26
Interessenkonflikte vorprogrammiert
Seit Inkrafttreten der Gesundheitsreform am 1. April dürfen Kassenärztliche Vereinigungen eigene Dienstleistungsgesellschaften gründen und betreiben.
Der NAV-Virchow-Bund steht dieser Entwicklung äußerst skeptisch gegenüber, da die Gründung von Dienstleistungsgesellschaften durch die Kassenärztlichen Vereinigungen selbst "ordnungspolitisch fragwürdig und kartellrechtlich bedenklich" sei.
Insofern sollten sich Ärzte gut informieren, bevor sie die Planung und Umsetzung von Direktverträgen in die Hände einer KV-Consult legen. "Körperschaftsstatus und Pflichtmitgliedschaft aller Vertragsärzte sind mit einer objektiven Beratung und Gestaltung von Verträgen unvereinbar", bemängelt der Bundesvorsitzende des NAV-Virchow-Bundes, Dr. Klaus Bittmann.
Dr. Bittmann erklärt überdies, dass einer KV-Consult schon deshalb keine ernsthafte ärztliche Interessenvertretung zugesprochen werden könne, weil sie als Tochterunternehmen einer KV mittelbar staatlicher Kontrolle unterliege. "Vielmehr ist zu befürchten, dass die Dienstleistungsgesellschaften als verlängerter Arm des Gesundheitsministeriumsfungieren", gibt Bittmann zu bedenken. Die Freien Ärzteverbände und –genossenschaften seien die besseren Ansprechpartner für Ärzte, da sie Vertragskompetenz und echte politische Interessenvertretung vereinten.
Quelle: Julia Bathelt. der niedergelassene arzt 5/2007, 14
Medizinrechtler sieht die Tage der Bedarfsplanung gezählt
Die Tage der Bedarfsplanung und der Zulassungssperren für niedergelassene Ärzte sind gezählt, so der Münchner Fachanwalt für Medizinrecht, Professor Alexander Ehlers. Bereits im Vorfeld der jüngsten Gesundheitsreform habe die Bedarfsplanung zur Diskussion gestanden, ein Ende sei jedoch "noch nicht" durchsetzbar gewesen.
Ziel der Gesundheitsreform sei eine stärkere Ausrichtung der gesundheitlichen Versorgung an wettbewerblichen Prinzipien, erläuterte Ehlers im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung". Diese Entwicklung sei bereits 2004 mit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG) eingeleitet worden und setze sich nun mit der Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG) und dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (WSG) fort.
Andererseits würden die Absichten des Gesetzgebers jedoch durch die noch geltenden Regeln des Planungsrechts konterkariert. Ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ), das aufgrund seiner Größe durch einen Vertrag mit den Kassen in der Lage wäre, die Versorgung in einem bestimmten Bereich sicherzustellen, würde am geltenden Zulassungsrecht scheitern, so Ehlers.
Angesichts der neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen werde ein größerer Teil der medizinischen Versorgung in Zukunft durch Selektivverträge geregelt. Damit gehe die Verantwortung für die Sicherstellung der Versorgung zunehmend auf die Kostenträger über, argumentierte Ehlers.
Quelle: Ärzte Zeitung 30.05.2007
Kassen geben Millionen für Gesundheitsreisen aus
Nordic Walking auf Rügen, Vier-Sterne-Aqua-Gymnastik auf Mallorca, Rückenschule in der Therme nahe Venedig: Im härter werdenden Wettbewerb versuchen immer mehr Krankenkassen mit so genannten "Gesundheits- oder Aktivwochen" mit bezuschussten Urlaubsangeboten im In- und Ausland Versicherte zu gewinnen oder zu halten. Bei Ärzten stößt dieses Marketing-Konzept auf Widerspruch.
Ärzte reagieren mit Unverständnis auf die Angebote: "Den Patienten wird eine Vollkaskoversorgung vorgegaukelt. Auf der anderen Seite müssen wir Patienten erklären, dass diese oder jene Therapie aus Wirtschaftlichkeitsgründen nicht verschrieben werden darf", sagt etwa Dr. Gernot Nick.
Wie funktioniert das Kassen-Konzept? Ein anschauliches Beispiel liefert die Gmünder Ersatzkasse (GEK) mit ihren "Gesundheitswochen". Grundlage für die Urlaubswoche mit Kassenzuschuss ist der Paragraf 20 SGB V. In ihm schreibt der Gesetzgeber den Kassen vor, den "allgemeinen Gesundheitszustand" ihrer Mitglieder zu verbessern.
Bis zu 200 Euro pro Urlaubswoche schießt die GEK ihren Mitgliedern für den Kurzurlaub mit Präventionsprogramm zu.
Außer der GEK, TK, KEH und HZK haben auch weitere Kassen Gesundheitswochen im Programm.
Quelle: Bülent Erdogan. Ärzte Zeitung 25.05.2007
Ärzte verärgert über Reisezuschüsse der Kassen
Im Namen der Prävention sponsern Kassen ihren Versicherten den Urlaub, die Bräune aus dem Sonnenstudio oder Fast-Food.
Prävention, vom Gesetzgeber sogar als Kernaufgabe gefordert, wird häufig zum Marketinginstrument umfunktioniert.
Beispiel Gmünder Ersatzkasse (GEK): Sie bezuschusst Urlaubsreisen mit bis zu 200 Euro pro Versichertem. Nach 9.500 Teilnehmern im vergangenen Jahr erwartet die GEK dieses Jahr bis zu 10.000 Versicherte, die eine solche Reise buchen. Geschätzte Kosten für dieses Jahr: 1,5 Millionen Euro. Voraussetzung für den Kassenzuschuss ist, dass der Versicherte an einem von den Kassen zertifizierten Präventionskompaktkurs teilnimmt.
Auch Kassen wie die AOK Baden-Württemberg sowie verschiedene Betriebskrankenkassen machen ihren Mitgliedern ähnliche Angebote mit Zuschüssen bis zu 160 Euro.
Die Kassen sehen in den Angeboten eine sinnvolle Ergänzung wohnortnaher Gesundheitsförderung - ob im In- oder Ausland. Die Ärzte sind empört.
Grund dafür liefert auch die AOK Baden-Württemberg: Sie bot ihren Versicherten mit der AOKplusCard Rabatte für den Besuch von Solarien, Fast-Food-Ketten oder Piercingstudios an. Nachdem das ZDF-Magazin "Frontal 21" die fragwürdigen Rabatte aufgedeckt hatte, stoppte die Kasse die Rabattaktion am Mittwoch. Dazu Hartmannbundchef Dr. Kuno Winn: "Das ist Realsatire mit bitterem Nachgeschmack."
Quelle: Ärzte Zeitung 25.05.2007
Privatversicherer
"Medizinische Notwendigkeit" in der Privatbehandlung
Inzwischen muss der Arzt auch bei Privatpatienten wissen, dass es eine Art "Wirtschaftlichkeitsgebot" gibt und wie er damit umgehen sollte.
In der GOÄ setzt § 1 der Freiheit in der Behandlung und Abrechnung Grenzen.
§ 1 Abs. 2 GOÄ: "Vergütung darf der Arzt nur für Leistungen berechnen, die nach den Regeln der ärztlichen Kunst für eine medizinisch notwendige ärztliche Versorgung erforderlich sind. …"
Immer mehr berufen sich private Krankversicherungen (PKV) in Erstattungsablehnungen darauf, dass eine konkrete Behandlung "medizinisch nicht notwendig" gewesen sei.
Erster Schritt im Streitfall ist immer, von der Versicherung die Ablehnung konkret begründen zu lassen.
Nicht selten wird in den Gutachten darauf abgestellt, die Behandlung sei zu teuer gewesen. Das ist klar zurückzuweisen. Der BGH sagte dazu am 12.03.2003, dass die Notwendigkeit der Heilbehandlung allein aus medizinischer Sicht zu beurteilen sei.
Quelle: der niedergelassene arzt 5/2007, 24
Beschlussprotokoll des 110. Deutschen Ärztetages vom 15. – 18. Mai 2007 in Münster
Amtliche Gebührenordnung für Ärzte
Der 110. Deutsche Ärztetag 2007 bekräftigt erneut, dass eine eigenständige Amtliche Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) als Vergütungsgrundlage für ärztliche Leistungen in Praxis und Krankenhaus unverzichtbar ist. Die GOÄ sichert den fairen Interessensausgleich zwischen Arzt und Patient – nämlich eine leistungsgerechte, angemessene Honorierung des Arztes und den Schutz des Patienten vor finanzieller Überforderung (Verbraucherschutz). Das politische Verschleppen der notwendigen GOÄ-Reform ist nicht weiter hinzunehmen. Die politische Antwort auf diesen Missstand kann nicht die Abschaffung der GOÄ durch Gleichschaltung der Privattaxe mit GKV-Vergütungsregelungen sein; mit einer solchen staatlich verordneten Einheitsmedizin wird die angeprangerte Zwei-Klassen-Medizin durch wachsende "Graue Märkte" erst geschaffen.
Der 110. Deutsche Ärztetag fordert die Bundesregierung zum wiederholten Male auf, die Reform-Vorschläge der Bundesärztekammer aufzugreifen. Diese basieren auf den vom 108. Deutschen Ärztetag 2005 beschlossenen Reform-Eckpunkten und auf dem Bundesärztekammer-Reformkonzept, das vom 109. Deutschen Ärztetag 2006 in Magdeburg begrüßt wurde und derzeit umgesetzt wird. Mit diesem Konzept wird
.. der veraltete Leistungskatalog endlich dem Stand der aktuellen medizinischen Wissenschaft angepasst,
.. die Struktur des Gebührenverzeichnisses – wo sinnvoll und möglich – in ablaufbezogenen Leistungskomplexen neu strukturiert und vereinfacht,
.. GOÄ-Positionen einem anerkanntem Klassifikationssystem zugeordnet,
.. die Verzerrungen im Vergütungsgefüge beseitigt,
.. die einzige sektorenübergreifende Abrechnungsregelung und damit die Privatliquidation im Krankenhaus und die Wahlarztkette erhalten,
.. die Qualität der Versorgung noch weiter gefördert
.. und der unmittelbare Zugang des Patienten zum medizinischen Fortschritt gewährleistet.
Die Schwächen der GOÄ aufgrund ihrer Veralterung werden beseitigt, die Stärken der Amtlichen Gebührenordnung bleiben erhalten. Diese sind Transparenz und Verbraucherschutz, leistungsgerechte Honorierung, qualitätsvolle Versorgung, Schutz des individuellen Patient-Arzt-Verhältnisses in einem integrierten, sektorenübergreifenden und innovativsfreundlichem Vergütungssystem. Die ordnungspolitische Funktion und die Akzeptanz der GOÄ als Referenzgröße für einen modernen und umfassenden Leistungskatalog freiberuflich ärztlicher Leistungen werden gestärkt.
Der 110. Deutsche Ärztetag erhebt mit Nachdruck den Anspruch auf Erhalt und federführende Mitgestaltung der ärztlichen Gebührenordnung und fordert die Politik auf, die GOÄ entsprechend ihrem Stellenwert für die Qualität und Finanzierung des Gesundheitswesens sowie die Sicherung und Fortentwicklung des Gesundheitsstandorts Deutschland zügig zu novellieren.
2. GOÄ-Novellierung
Auf Antrag von Dr. H.-J. Lutz (Drucksache V-17) beschließt der 110. Deutsche Ärztetag:
Der Deutsche Ärztetag beschließt, das in gemeinsamer Initiative von Bundesärztekammer und den Berufsverbänden sowie medizinisch-wissenschaftlicher Fachgesellschaften erarbeitete Konzept einer modernisierten Gebührenordnung für Ärzte noch im Jahr 2007 dem Bundesgesundheitsministerium zur Beschlussfassung vorzulegen. Dem Vorstand der Bundesärztekammer wird das Mandat erteilt, dieses Konzept zur Gebührenordnung zum wesentlichen Inhalt der aktiven politischen Arbeit der Bundesärztekammer im Jahr 2007 zu machen.
Begründung:
Die Gebührenordnung für Ärzte aus dem Jahr 1996 entspricht in weiten Teilen nicht mehr dem heutigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse. Das Leistungsverzeichnis der Gebührenordnung ist inzwischen völlig veraltet, die Aufnahme neuer Leistungen über Analogbewertungen stößt mittlerweile an ihre Grenzen.
Der 108. Deutsche Ärztetag 2005 hat die Reform-Eckpunkte zur Weiterentwicklung der Gebührenordnung für Ärzte beschlossen. Auf dieser Basis ist eine Modernisierung der Gebührenordnung für Ärzte zusammen mit den Berufsverbänden und medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften erarbeitet worden.
Mit der Verabschiedung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbes in der Gesetzlichen Krankenversicherung ist die Intention des Gesetzgebers, gesetzliche und private Krankenversicherung einander anzunähern, konkretisiert worden. Die Einführung des GKV-kompatiblen Basistarifs ebnet mittel- bis langfristig den Weg zu einer Bürgerversicherung, dann mit der Gefahr einer Vereinheitlichung des Gebührenverzeichnisses für ärztliche und vertragsärztliche Leistungen. Umso wichtiger ist es daher, die modernisierte GOÄ als eigenständige Gebührenordnung voranzutreiben.
Rechtliches
Schmerzensgeld nach Ausschabung
Eine 35-jährige Frau erhält 40.000 Euro Schmerzensgeld, weil sie nach einer Gebärmutterausschabung keine Kinder mehr bekommen kann. Dies entschied das Oberlandesgericht (OLG) Köln. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass die Klinik sowie der verantwortliche Arzt für alle Schäden haften, die infolge des Eingriffs entstanden sind und noch entstehen werden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Die verheiratete, kinderlose Frau hatte sich 2000 in die gynäkologische Klinik begeben, weil bei einer Krebsvorsorgeuntersuchung ein auffälliger Befund festgestellt worden war. Nach einem Aufklärungsgespräch wurde bei der damals 28-Jährigen eine Aushabung der Gebärmutter vorgenommen.
Dadurch kam es zu Narbenbildungen, die zur Sterilität führten. Das Gericht war der Auffassung, dass die Patientin nicht hinreichend über das Risiko einer Unfruchtbarkeit aufgeklärt worden sei. Der verwendete Aufklärungsbogen enthielt keinen Hinweis auf dieses Risiko. Urteil des Oberlandesgerichts Köln, Az.: 5 U 180/05
Quelle: Ärzte Zeitung 29.05.2007
Praxismanagement
Telekommunikationsüberwachung: Unter staatlicher Beobachtung
Als "Einbruch in angestammte Bürgerrechte" hat der Bundesverband der Freien Berufe (BFB) die geplante Ausdehnung staatlicher Überwachungsmaßnahmen verurteilt, die der Referentenentwurf zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung vorsieht. Im Zusammenhang mit dieser Neuregelung soll auch die europäische Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten umgesetzt werden. Künftig müssen Telekommunikationsanbieter sämtliche Telefon- und Internetverbindungsdaten sechs Monate lang speichern und Sicherheitsbehörden zur Strafverfolgung und Gefahrenabwehr den Zugriff auf diese Daten ermöglichen.
In einer gemeinsamen Erklärung haben der BFB, die Bundesärztekammer (BÄK), die Bundeszahnärztekammer, der Deutsche Anwaltverein e.V. und der Deutsche Journalisten-Verband den Gesetzesentwurf scharf kritisiert.
Auch andere von der Neuregelung betroffene Berufsgruppen warnen vor der Aushöhlung des Zeugnisverweigerungsrechts und sehen die Bürgerrechte ernsthaft gefährdet. Zur Privatsphäre gehöre, "dass der Bürger sich mit Ärzten und Rechtsanwälten, Steuerberatern und Psychotherapeuten, Zahnärzten und Wirtschaftsprüfern rückhaltlos offen unterhalten und damit die Grundlage für eine umfassende Beratung auch gegenüber dem Staat schaffen kann", heißt es in der gemeinsamen Erklärung.
Quelle: Krüger-Brand, H.E. Deutsches Ärzteblatt 104, Ausgabe 20 vom 18.05.2007, Seite A-1363
Internet-Anbieter schneiden im Test schlecht ab
Der Kundenservice von Internet-Anbietern lässt sehr zu wünschen übrig. Das ist das Ergebnis eines Tests, den die Stiftung Warentest bei acht Unternehmen vorgenommen hat. Bester Internet-Anbieter war T-Online mit der Gesamtnote "befriedigend".
Vor allem den Umgang mit Kundenanfragen per Telefon oder E-Mailkritisiert die Stiftung Warentest. Bis Verbraucher eine Antwort erhielten, müssten sie viel Geduld aufbringen. Beim Anbieter Freenet hätten Testkunden durchschnittlich 14 Minuten in der Telefonwarteschleife verbracht. Und auf E-Mail-Anfragen gab es in der Regel erst nach 17 Tagen eine Antwort.
Quelle: Ärzte Zeitung 25.05.2007
Europa
Gesundheitswesen - EU-Parlament will eigene Regeln
Das Europäische Parlament (EP) hat sich dafür ausgesprochen, die Mobilität von Patienten sowie von Gesundheitsdienstleistern separatzu regeln.
Damit erteilte das Plenum des EP der Forderung des Binnenmarktausschusses eine Absage, Gesundheitsdienstleistungen wieder den Vorschriften der Dienstleistungsrichtlinie zu unterwerfen. Vertreter der beiden großen Fraktionen des EP, der sozialdemokratischen SPE und der christlich-konservativen EVP/ED, zeigten sich erfreut über das Ergebnis der Abstimmung.
Klarstellungsbedarf sehen die Abgeordneten vor allem bei den Informationsrechten der Patienten, bei der Sicherung der Qualitätsstandards von medizinischen und pflegerischen Leistungen sowie bei der konsequenten Anerkennung von Leistungen durch die Kassen, die Versicherte im Ausland in Anspruch genommen haben.
Konkret fordern die Abgeordneten zum Beispiel, telemedizinische Anwendungen auch grenzüberschreitend zu fördern und eine europäische Patientenrechts-Charta zu verabschieden. Darüber hinaus spricht sich das EP dafür aus, ein europäisches Referenzsystem für Erstattungen einzuführen, um das Verfahren der Kostenübernahme nach Auslandsbehandlungen zu erleichtern. Die Kommission solle zudem für jedes EU-Land Jahresstatistiken zur Patientenmobilität sowie zur Anzahl der Fälle erstellen, in denen die Kassen die Kostenerstattung verweigern.
Quelle: Ärzte Zeitung 30.05.2007
Allgemeines
Bundestag beschließt Rauchverbot
Der Bundestag hat am Freitag in zweiter und dritter Lesung ein gesetzliches Rauchverbot in Bundeseinrichtungen und in öffentlichen Verkehrsmitteln beschlossen.
Danach darf ab dem 1. September in allen Behörden, Dienststellen, Gerichten, bundesunmittelbaren Anstalten und Stiftungen sowie in öffentlichen Verkehrsmitteln einschließlich Taxis und auf Bahnhöfen nicht mehr geraucht werden. Dies gilt auch für die Gebäude des Bundestages, des Bundesrates und des Bundespräsidialamtes. Auch Personen, die ein eigenes Arbeitszimmer haben, dürfen dort nicht mehr rauchen. Das Rauchverbot gilt damit auch für Parlamentarier und ihre Mitarbeiter in den Arbeitsstätten des Parlaments.
In der letzten Ausschuss-Sitzung wurde das Gesetz in weiteren Punkten verschärft: Die Altersgrenze für die Abgabe von Tabakwaren und für Rauchen in der Öffentlichkeit wird zum 1. Januar 2009 von 16 auf 18 Jahre erhöht. Ursprünglich sollte diese Verschärfung wegen der Umstellung von Zigarettenautomaten erst zum 1. Juli 2009 wirksam werden.
In den Bundeseinrichtungen dürfen allerdings besonders gekennzeichnete Raucherräume eingerichtet werden, wenn insgesamt eine ausreichende Anzahl von Räumen zur Verfügung steht. In einer eigenen Rechtsverordnung soll bestimmt werden, wie diese Räume beschaffen sein müssen.
Verstöße gegen das Rauchverbot sollen als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld geahndet werden.
Vor allem das Verkaufsverbot an Minderjährige wertet die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium Marion Caspers-Merk als einen "wichtigen Schritt zum Gesundheitsschutz Jugendlicher". Wer bis zum Erwachsenenalter nicht geraucht habe, für den sei die Gefahr gering, noch später damit zu beginnen.
Quelle: Ärzte Zeitung 29.05.2007
Prof. Dr. Jost Brökelmann, Redakteur BAO-MAO-Aktuell
Bundesverband für Ambulantes Operieren e.V. – BAO
Präsident Dr. med. Jörg-A. Rüggeberg
Vereinsregister VR 6346
Managementgesellschaft Ambulantes Operieren – MAO
Sterntorbrücke 1, D-53111 Bonn
Tel.: 0228-692423, Fax: 0228-631715
E-Mail: baobonn@t-online.de oder maobonn@t-online.de
Internet: http://www.operieren.de oder http://www.mao-bao.de