Weiter Streit um ambulante Operationen in Berlin
Die Finanzierung von ambulanten Operationen in Berlin ist weiterhin strittig
Die Krankenkassen vertreten den Standpunkt, dass die Gelder ausreichen. "Mit rund 3,5 Millionen Euro mehr für sämtliche ambulante Operationsleistungen gibt es auch in diesem Bereich erhebliche Zuwächse. Für den überwiegenden Teil der ambulanten OP-Leistungen wird damit zukünftig mehr gezahlt", erklärte die Arbeitsgemeinschaft der Berliner Krankenkassen. Die Klagen der ambulanten Operateure und Anästhesisten drehten sich "letztlich um ein innerärztliches Verteilungsproblem, für das die KV durch Schiedsamtentscheidung zuständig ist", so die Kassen.
Der Landesverband Ambulantes Operieren (LAO) und die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin fordern jedoch eine zusätzliche Förderung der Krankenkassen für einige stationsersetzende Leistungen. LAO-Chef Dr. Ansgar Pett verwies darauf, dass manche Eingriffe nach der neuen Honorarverteilungssystematik 2009 schlechter bezahlt würden als 2008. Der Gynäkologe hat nach eigenen Angaben für eine Abrasio 2008 noch 235 Euro erhalten. "2009 sind es nur noch 214 Euro. Das Krankenhaus kann jedoch 738 Euro abrechnen", so Pett. Ähnlich sieht es laut KV Berlin bei einer Metallentfernung nach Knochenbruch aus.
Dafür erhielt der niedergelassene Unfallchirurg den Angaben zufolge 2008 noch 417 Euro, jetzt nur noch 371 Euro, während Kliniken 1.180 Euro abrechnen können. LAO und KV Berlin fordern, dass die Preise von 2008 weiter gelten sollen.
Einer Aufforderung zur Verlängerung der Strukturverträge sind die Krankenkassen bislang nicht gefolgt. Geeinigt haben sich die Ärzte jedoch mit den Betriebskrankenkassen. Hier soll ein Integrationsvertrag für die 25 häufigsten Eingriffe den Strukturvertrag ablösen. Deshalb behandeln Operateure und Anästhesisten die BKK-Versicherten derzeit wieder regulär gegen Chipkarte, alle anderen Versicherten weiterhin nur gegen Kostenerstattung.
Quelle: Ärzte Zeitung, 18.02.2009
KBV lehnt Bayerns Initiative zur Honorarreform ab
Nach der Ankündigung von Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder (CSU), die Honorarreform via Bundesratsinitiative wieder kippen zu wollen, schlagen die Wellen hoch.
"Das ist keine Lösung. Wer die Honorarreform stoppen will, der muss eine Alternative anbieten", sagte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Carl-Heinz Müller, der "Ärzte Zeitung". Die Ärzte bekämen ihre Leistungen mit der jetzigen Reform "in festem Cent und Euro" vergütet. "Das wieder aufzugeben, ist weder der Ärzteschaft noch der Bevölkerung beizubringen."
Angesichts massiver Proteste der Fachärzte im ganzen Land hatte Bayerns Gesundheitsminister Söder am Dienstag eine Initiative im Bundesrat angekündigt, um die Honorarreform zu Fall zu bringen.
Brandenburgs Gesundheitsministerin Dagmar Ziegler (SPD) sagte, mit ihr werde es ein Zurück zur früheren Verteilung der Arzthonorare nicht geben. Die alte Regelung habe insbesondere die ostdeutschen Bundesländer "massiv beeinträchtigt". Die CSU erinnerte sie daran, dass die Honorarreform Teil der Gesundheitsreform sei. "Dass die CSU jetzt über eine Bundesratsinitiative versucht, ein im Konsens erarbeitetes Reformwerk hinterrücks wieder auszuhebeln, ist unredlich", so die SPD-Politikerin.
Vertreter der Gemeinschaft Fachärztlicher Berufsverbände Bayern (GFB) erklärten, wenn die Honorarreform gestoppt werde, dürfe es keine Rückkehr zu floatenden Punktwerten geben. Eine Wiederbelebung der alten Honorarordnung anstelle der geltenden Systematik nach Regelleistungsvolumina werde von den Fachärzten abgelehnt, sagte der Vorsitzende der GFB Bayern, Dr. Thomas Scharmann. Ziel müsse ein festes, betriebswirtschaftlich kalkuliertes Honorar in Euro und Cent sein.
Quelle: Ärzte Zeitung, 18.02.2009
Ärzteschaft Ost-KVen kritisieren Bayerns Initiative gegen Honorarreform
Die Vorsitzenden der ostdeutschen Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) haben die Ankündigung des bayerischen Gesundheitsministers Markus Söder (CSU) scharf kritisiert, im Bundesrat eine Initiative gegen die Honorarreform zu starten.
"Diese Form der Besitzstandswahrung ist ignorant. Wir haben ein solidarisch finanziertes Gesundheitswesen. Da sind solche Ansprüche, wie sie Herr Söder formuliert, absolut unpassend", sagte der Sprecher der Ost-KVen, Hans-Joachim Helming. Söders Forderung, wenn die Bayern mehr Beiträge zahlten, müsste davon auch mehr in Bayern übrig bleiben, widerspreche eklatant dem Solidaritätsgedanken.
In Bayern stünden 482 Euro pro Versichertem zur Versorgung, in Brandenburg nur 408 Euro. "Und dies, obwohl im Osten mehr ältere Menschen und mehr chronisch Kranke medizinisch zu versorgen sind", so Helming.
Als "durchsichtiges Wahlkampfmanöver" bezeichnete die Gesundheitsministerin Sachsen-Anhalts, Gerlinde Kuppe (SPD), den Vorstoß Söders. "Bayern hat die Gesundheitsreform und die damit verbundene Neuordnung der Ärztehonorare zentral mitverhandelt und dem Ergebnis im Bundesrat zugestimmt", sagte sie.
Im "Angstschweiß vor der Europawahl" habe Söder dies offenbar vergessen. Sie betonte: "Die endlich geschaffene gesamtdeutsche Solidarität darf nicht wieder ausgehöhlt werden." Mit der Gesundheitsreform erhält Sachsen-Anhalt laut Kuppe rund 122 Millionen Euro mehr für die vertragsärztliche Versorgung.
Quelle: hil/aerzteblatt.de Mittwoch, 18. Februar 2009
Ärzteschaft KV Schleswig-Holstein fordert Neuanfang bei der Honorarreform
Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Schleswig-Holstein hat ein neues Vergütungssystem ärztlicher Leistungen gefordert. Dieses neue System solle auf dem Prinzip der Kostenerstattung beruhen.
"Die zentralen Ziele der zum 1. Januar in Kraft getretenen Honorarreform - Transparenz und Gerechtigkeit - wurden nicht erreicht", sagte die kommissarische Vorstandsvorsitzende der KV, Ingeborg Kreuz. Die Ärzte hätten kein Vertrauen in ein Vergütungssystem, das den Besuch eines Hausarztes schlechter stelle als den eines Handwerkers.
Die KV Schleswig-Holstein wolle daher eine Diskussion über die Fragen anstoßen, was ärztliche Leistung wert sei und wie niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten in Zukunft angemessen bezahlt werden könnten. Das Sachleistungsprinzip sei dafür nicht geeignet. Dagegen könnte eine direktere Abrechnung zwischen Arzt, Patient und Krankenkasse für Honorargerechtigkeit und mehr Transparenz sorgen.
Scharfe Kritik an der KV übte die Schleswig-Holsteinische Gesundheitsministerin Gitta Trauernicht (SPD): "Die Ärztevertretung selbst hat diese Reform gemeinsam mit den Kassen ausgearbeitet und dabei zahlreiche Forderungen von Ärzten umgesetzt", sagte sie.
Wenn die KV nun von einem Scheitern der von ihr mitverantworteten Reform spräche, stelle sie sich selbst ein "vernichtendes Zeugnis" aus, so die SPD-Politikerin.
Quelle: hil/aerzteblatt.de Mittwoch, 18. Februar 2009
Aussetzung der Reform? Aufsicht droht Folgen an
Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) hat Gespräche mit den Krankenkassen über die Honorarverteilung im ersten Quartal 2009 aufgenommen.
Hintergrund ist der Beschluss der KVWL-Vertreterversammlung, in Westfalen-Lippe das neue Honorarsystem für das laufende Quartal auszusetzen und die alte Systematik beizubehalten.
Das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium als Aufsicht hat den KVWL-Vorstand inzwischen darüber informiert, dass es von ihm ein rechtskonformes Verhalten erwartet - mit der Aussetzung der Regelleistungsvolumina würde die KV Westfalen-Lippe gegen geltende Gesetze verstoßen. Sollte der Vorstand den Beschluss trotzdem umsetzen, kündigt das Ministerium aufsichtsrechtliche Maßnahmen an.
Quelle: Ärzte Zeitung, 18.02.2009
Freie Ärzteschaft: "1. Gesundheitspolitischer Aschermittwoch"
- Die Vorbereitungen für den 1. Gesundheitspolitischen Aschermittwoch der Freien Ärzteschaft am 25.2.2009 ab 13.00 in der Festhalle Ohligs in Solingen laufen auf Hochtouren, viele Kolleginnen und Kollegen haben bereits ihre Teilnahme signalisiert.
- Die jetzige Honorarreform müssen wir als Generalangriff der Politik auf uns freiberuflich tätig niedergelassene Ärzte betrachten! Unverdrossen marschieren Schmidt, Merkel, Lauterbach und Co. im Verein mit den Krankenkassen in Richtung industrialisierte MVZ-Versorgung unter Abwicklung der Praxis vor Ort.
- Beginnen wir mit dem "Gesundheitspolitischen Aschermittwoch" unseren Bundestagswahlkampf für das Gesundheitswesen! Kommen Sie nach Solingen! Bringen Sie Ihre PraxismitarbeiterInnen mit! Weiße Kittel und Transparente sind ausdrücklich erwünscht. Gemeinsam sind wir eine Macht!
Quelle: Martin Grauduszus Freie Ärzteschaft e.V. http://www.freie-aerzteschaft.de/
Freie Ärzte starten Faxaktion gegen E-Card
Die Initiative "Stoppt die E-Card" hat eine Faxaktion gegen den Basisrollout der elektronischen Gesundheitskarte in Nordrhein gestartet.
Niedergelassene Ärzte sollen dabei gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, dem nordrhein-westfälischen und dem Bundesgesundheitsministerium erklären, dass sie zunächst kein onlinefähiges Lesegerät für die Karte bestellen werden. Zuerst müsse eine Neukonzeption für die E-Card vorliegen, wie sie der Deutsche Ärztetag gefordert hat. Verantwortlich für die Aktion zeichnet der Präsident der Freien Ärzteschaft Martin Grauduszus.
Quelle: Ärzte Zeitung, 18.02.2009
Viele Deutsche beklagen schlechtere Gesundheitsversorgung
Die Gesundheitsversorgung in Deutschland ist nach Ansicht vieler Bundesbürger schlechter geworden. Dem am Dienstag in Berlin veröffentlichten "Gesundheitsbarometer 2009" von Ernst & Young zufolge beklagen 41 Prozent der Deutschen eine sinkende Qualität, während nur 14 Prozent eine Qualitätssteigerung sehen.
Die übrigen Befragten sehen demnach keine Veränderung. Insgesamt überwiegt allerdings nach wie vor die Zufriedenheit mit der Arbeit der Ärzte, wobei Privatpatienten sich deutlich besser betreut fühlen als Kassenpatienten.
Quelle: afp/aerzteblatt.de Dienstag, 17. Februar 2009
"Weg mit der GKV, weg mit dem Gesundheitsfonds!"
In einem am Dienstag von der Bundestagsfraktion verabschiedeten 14-Punkte-Plan fordern die Liberalen, dass sich die Krankenkassen von "Körperschaften öffentlichen Rechts zu Unternehmen mit sozialer Verantwortung" umwandeln sollen. Der Gesundheitsfonds soll rückgängig gemacht, die Kassen ihre Beiträge wieder selbst festlegen dürfen und ein vereinfachter Risikostrukturausgleich entwickelt werden. Statt des Sachleistungsprinzips soll im Arzt-Patienten-Verhältnis künftig das Kostenerstattungsprinzip gelten, Regelleistungsvolumina und Globalbudget der Vergangenheit angehören.
- Der bisherige Arbeitgeberanteil zur GKV soll nach dem Willen der Liberalen künftig als Lohnbestandteil ausgezahlt werden und nicht mehr weiter steigen, die Bürger sollen ohne Zugangshürden entscheiden können, ob sie sich bei privaten oder den bisherigen gesetzlichen Krankenversicherern versichern möchten.
Ziel der FDP ist ein Prämienmodell, das nur die Absicherung im Krankheitsfall umfasst, nicht aber bisherige GKV-Leistungen wie die Familienmitversicherung. Soziale Härten für Versicherte, die sich die Prämien nicht leisten können, sollen über staatliche Transfers vermieden werden. Um etwaige Transferleistungen der Steuerzahler zu beschränken, wollen die Liberalen den GKV-Leistungskatalog ausdünnen und "die obligatorisch durch die Solidargemeinschaft zu finanzierenden Leistungen auf das medizinisch wirklich Notwendige" beschränken. Darüber hinausgehende Leistungen sollen die Versicherten über "intelligent ausgestaltete Selbstbeteiligungslösungen" einkaufen können.
Quelle: Ärzte Zeitung, 11.02.2009
Siehe auch Deutscher Bundestag Drucksache 16
http://www.fdp.de/webcom/wcsearch.php?wc_c=461 Antrag der Fraktion der FDP
Schmidt wirft FDP Angriff auf "Herzstück des Sozialstaates" vor
Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hat der FDP einen Angriff auf das System der gesetzlichen Krankenversicherung vorgeworfen. Die Liberalen wollten ein bewährtes System zerschlagen, sagte Schmidt am Donnerstag im Bundestag zu einem Antrag der FDP zum Umbau des Gesundheitswesens. Darin fordert die FDP eine Umwandlung der gesetzlichen in private Krankenkassen sowie die Abschaffung des Gesundheitsfonds.
Schmidt warf der FDP daraufhin vor, sie wolle "Spitzenmedizin für Wohlhabende". Die Vorschläge der Liberalen seien "ein Angriff auf das Herzstück des Sozialstaates", nämlich die medizinische Versorgung für alle Bürger jenseits des Einkommens. Das von den Liberalen geforderte Kostenerstattungsprinzip bedeute, dass Patienten erstmal die Kreditkarte zücken müssten.
- Der Vorstandsvorsitzende der Kaufmännischen Krankenkasse, Ingo Kailuweit, sagte der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" vom Donnerstag, es sei "zutiefst unsozial, das Risiko Krankheit zur reinen Privatsache zu machen und die Solidargemeinschaft Aufzukündigen".
Quelle: afp/aerzteblatt.de Donnerstag, 12. Februar 2009
David gegen Goliath - die FDP reizt Schmidt und die Koalition
Mit ihrer Forderung nach Abschaffung des Gesundheitsfonds und Privatisierung der gesetzlichen Kassen hat die FDP-Bundestagsfraktion offenbar den wunden Nerv der Koalition und Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt getroffen.
"Ihr Antrag, einen Angriff auf die gesetzliche Krankenversicherung zu starten und die gesamte Gesundheitsversorgung in ein kapitalgedecktes System zu überführen, zeigt: Sie haben nichts gelernt", rief eine empörte Ministerin in der Debatte um den FDP-Antrag
Quelle: Ärzte Zeitung, 12.02.2009
"2009 – Ärzte vor der Wahl?"
Eike Hovermann MdB (SPD) - Diskussion mit der Ärztekammer Nordrhein
I. Grundsatzbemerkungen:
...
• Der Block der Hausärzte formiert sich mit den großen Kassen außerhalb der KVen, die KVen erodieren zu Facharzt KVen mit geringerem Budget als bisher.
• Die anderen Facharztgruppen finden nicht in eine gemeinsame Linie auf Bundesebene, das senkt deren Einfluss und den der KV. Hier schwächt sich ein Teil der Selbstverwaltung selbst und verliert so an Einfluss, etwa im G-BA und in anderen Verhandlungssektoren. Das stärkt im schärfer werdenden Verteilungskampf alle anderen, nur nicht die fachärztliche Versorgung.
• Zudem macht sich ein Trend in folgende Richtung bemerkbar: Wegbrechen ambulanter fachärztlicher Versorgungsstrukturen in Richtung Medizinische Versorgungszentren in Ballungsstrukturen. Nachfolger bleiben aus, die Finanzierung für Nachfolger wird immer problematischer, die Zahl junger Ärzte wird auch insgesamt weniger.
• Die ambulanten Behandlungsstrukturen rund um größere Krankenhäuser wachsen an. Damit werden diese Strukturen automatisch wirk- und verhandlungsmächtiger.
• Die zunehmende Erosion des Kollektivvertrages tut ihr übriges.
II. Zur gegenwärtigen Finanzierungsdebatte
• Es ist keine Frage, dass die Umstellung auf eine feste Euro-Gebührenordnung mehr Planungssicherheit bringen sollte.
• Das in Aussicht gestellte Honorarvolumen für 2009 bezieht sich auf das Basisjahr 2007. 2008 mit all seinen Kosten-Entwicklungen ist nicht eingebaut.
• Es muss ein Abzug vom Gesamtvolumen 2009 von ca. 800 Millionen Euro für die Angleichung der Osthonorare eingerechnet werden, das ist im Grundsatz gerecht, das Geld fehlt aber den Honorarvolumina in den alten Bundesländern.
• Bei den jetzt genannten Umsatzvolumina in den einzelnen Facharztgruppen sind IGEL-Leistungen und PKV-Entgelte nicht eingerechnet. Ich verrate kein Geheimnis, dass ohne diese Entgeltstrukturen weitaus mehr Praxen schließen müssten. Das gilt auch für Krankenhäuser.
III.
Was wir brauchen, ist eine ehrliche Auseinandersetzung über
• Umfang und Grenzen einer Grundversorgung
• Priorisierung
• ehrliche Rationierung anstelle der schon lange verdeckten Rationierungen/Rationierungsdebatten und
• kaum mehr durchhaltbare, transparente Kosten-Nutzen-Debatten.
Quelle: Eike Hovermann MdB - Diskussion mit der Ärztekammer Nordrhein in Mülheim – 3. Februar 2009
Wird das Streikrecht bald wieder zum Thema?
Zerbricht der dem vertragsärztlichen Streikverbot zugrunde liegende gesellschaftliche Konsens? Die heftigen Spannungen wegen der Honorarreform lassen eine Rückkehr zu früheren Zeiten möglich erscheinen.
- Im Chaos der vertragsärztlichen Versorgung und Einführung (besser wohl Aussetzung) der Regelleistungsvolumina sollte man sich weniger die Frage stellen, ob Vertragsärzte streiken dürfen, als vielmehr sich vergegenwärtigen, warum 1955 die damaligen Kassenärzte dem Streikverzicht zustimmten. Eine solche Rückbesinnung ist derzeit wichtiger denn je, da mit dem umstrittenen Beschluss des erweiterten Bewertungsausschusses zur Finanzierung der Selektivverträge die Grundlagen der vertragsärztlichen Versorgung in Frage gestellt werden.
Geschichtlich sind die Zusammenhänge klar: Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben ein staatliches Schlichtungsverfahren, das heißt heute die Festsetzung von Vergütungsregelungen durch den erweiterten Bewertungsausschuss, akzeptiert und damit auf ihr Streikrecht verzichtet, weil ihnen das Monopol in der ambulanten GKV-Versorgung zugesagt wurde. Damit waren die ärztlichen Körperschaften in den nächsten Jahrzehnten in einer Verhandlungsposition, die zu allgemein akzeptierten Honorarregelungen führte.
Ärzte in Würzburg baden Verträge in München aus
Am 22. Januar 2009 hatte dieses Schlichtungsorgan, der erweiterte Bewertungsausschuss, darüber zu entscheiden, ob die Vergütungen für Leistungen, die in Selektivverträgen zwischen Kassen und einzelnen Ärztegruppen vereinbart werden, von allen Vertragsärzten zu tragen sind oder nicht. Vereinfacht bedeutet dies: Vermindert sich die Vergütung eines Arztes in Würzburg, wenn eine Krankenkasse mit Ärzten in München einen Selektivvertrag abschließt?
Die Kassenvertreter haben mit dem Vorsitzenden des Ausschusses beschlossen, dass sich das Honorar aller Vertragsärzte um die selektivvertraglichen Vergütungen mindert. Die Vertreter der KBV haben die Sitzung verlassen, das Bundesministerium zur Beanstandung aufgerufen und betreiben eine Klage vor dem LSG Berlin-Brandenburg. Diese Vorgänge könnten historische Dimension haben.
Das Monopol der KVen besteht spätestens seit der Neufassung der integrierten Versorgung im Jahr 2004 und der Einführung von Hausarztverträgen und Verträgen über die besondere ambulante Versorgung nicht mehr. Hierfür allein lassen sich noch gute - auch aus Sicht der Ärzteschaft richtige - Gründe finden. Bisher war der "wirtschaftliche Solidarbeitrag" der nicht an Integrationsverträgen teilnehmenden Ärzte mit einem Prozent der Gesamtvergütung noch beschränkt. Für die Zukunft wird aber eine erhebliche Ausweitung des Volumens solcher Selektivverträge erwartet. Es gibt Prognosen, die davon ausgehen, dass in den nächsten Jahren etwa 45 Prozent des für die ambulante vertragsärztliche Versorgung zur Verfügung stehenden Geldes über Selektivverträge verteilt werden.
Die Position der Kassen wird enorm gestärkt
Die KVen haben auf den Abschluss solcher Verträge keinen zwingenden Einfluss, durch den umstrittenen Beschluss des erweiterten Bewertungsausschusses sollen aber die Honorare der nicht an diesen Verträgen teilnehmenden Ärzte, die somit allein im traditionellen Kollektivvertragssystem arbeiten, reduziert werden.
Was vordergründig wie eine Förderung der Einzelverträge aussieht, könnte sich gegen die Ärzteschaft wenden: Wenn eine Kasse einen bestehenden Selektivvertrag zum Beispiel nach zwei Jahren kündigt und fordert, dass nicht mehr 2.000, sondern nur noch 1.500 Ärzte teilnehmen, aber gleichzeitig die Vergütung pro Arzt um, sagen wir, 20 Prozent erhöht wird, so profitieren die Kasse und die 1.500 Ärzte, die "ausgeschlossenen" 500 Ärzte und alle anderen verlieren.
Die frühere Verhandlungsposition der KVen beruht darauf, dass nach flächendeckenden Streiks in den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts den Kassen der Abschluss von Einzelverträgen untersagt wurde.
Die KVen haben das Monopol längst verloren
Heute dürfen Kassen Einzelverträge abschließen, die KV hat das Versorgungsmonopol verloren und das Honorar der im Kollektivvertrag arbeitenden Ärzte soll abhängig davon sein, ob und welche Leistungen die Kassen durch Einzelverträge mit anderen Ärzten einkaufen.
Ist es in dieser Situation richtig, sich auf das Streikverbot der Vertragsärzte zu berufen? Müsste man nicht vielmehr hinterfragen, ob dem Streikverzicht und der Unterwerfung unter Entscheidungen des erweiterten Bewertungsausschusses der Konsens zugrunde lag, dass sich die adäquate Verhandlungsposition der KVen aus dem Versorgungsmonopol und der Honorarverteilungshoheit ergab? Das Monopol ist gefallen, mit dem umstrittenen Beschluss vom 22. Januar 2009 wird den KVen die Möglichkeit genommen, eine angemessene Vergütung ihrer Mitglieder mit zu bestimmen. Es spricht viel dafür, dass derjenige, der heute das Streikverbot bemüht, sich nicht mit den geschichtlichen Grundlagen und der Frage eines fairen Umgangs innerhalb der gemeinsamen Selbstverwaltung auseinandersetzt.
Wer den Verzicht auf kollektive wirtschaftliche Kampfmaßnahmen zur Durchsetzung gemeinsamer Berufsinteressen fordert, muss andererseits eine effektive Interessenvertretung der Berufsgruppe sicherstellen. Wenn das Ministerium den Beschluss nicht beanstandet, könnte man zu dem Schluss gelangen, dass dieser staatlichen Pflicht zur Herstellung von Waffengleichheit nicht mehr entsprochen wird.
Selektivverträge sind sinnvoll auch für Ärzte
Als Fazit ließe sich ziehen: Das Nebeneinander von Kollektivvertrag und Selektivvertrag ist wichtig und dient der Ärzteschaft. Die Selektivverträge erlauben regional, indikations- und arztgruppenspezifisch adäquate Versorgungs- und Vergütungsformen. Es bestehen aber erhebliche Zweifel, ob sich die Ärzteschaft zum jetzigen Zeitpunkt einen Gefallen tut, wenn sie zulässt, dass das Kollektivvertragssystem faktisch ausgehöhlt wird. Mit dem umstrittenen Beschluss wäre dies der Fall. Da man aber von niemanden immer nur die Pflichterfüllung einfordern kann, ohne ihm adäquate Rechte zu gewähren, stellt sich sehr deutlich die Frage: Ist der Streikverzicht der Vertragsärzte politisch noch begründbar, wenn den KVen erst das Versorgungsmonopol und jetzt auch die Honorarhoheit entzogen wird?
Der Verzicht auf das Streikrecht - ein Rückblick
"Ärzte behandeln Kassenpatienten nur noch gegen unmittelbare Bezahlung." Diese Pressemitteilung ist 85 Jahre alt, sie erschien im Dezember 1923. Anlass für den bisher längsten Streik niedergelassener Ärzte waren das durch die Wirtschaftskrise bedingte chronische Defizit der gesetzlichen Krankenkassen und die Forderung der Ärzte, jedenfalls einen regelmäßigen Inflationsausgleich zu erhalten. Diese geschichtlichen Tatsachen kommen einem heute sehr vertraut vor.
Die Krankenkassen reagierten mit der Gründung von Ambulatorien und schlossen Direktverträge - damals Anstellungsverträge - mit Ärzten, die in den Ambulatorien arbeiteten. Durch eine staatliche Notverordnung vom 5. April 1924 wurde der Streik beendet, Einzelverträge zwischen Ärzten und Kassen wurden untersagt.
Nach der Wiedererrichtung der ärztlichen Standesorganisationen im Jahre 1949 kam es innerärztlich zu einem Streit über die Frage des Streikrechts. Hauptkontrahenten waren damals die KBV und der Hartmannbund. Diese Auseinandersetzungen gipfelten im außerordentlichen Deutschen Ärztetag vom 29./30. November 1952.
Damals war zu entscheiden, ob zur Beilegung von Konflikten zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten ein gesetzlich geregeltes Schiedsverfahren eingeführt wird oder ob die Ärzteschaft berechtigt ist, einen vertragslosen Zustand, also eine Entbindung von der Pflicht zur Behandlung im Sachleistungssystem, herbeizuführen. Mit 79:62 Stimmen sprach sich der Ärztetag 1952 für eine Zwangsschlichtung aus. Im Gegenzug für diesen Verzicht auf das Streikrecht erhielten die Kassenärztlichen Vereinigungen das Monopol in der ambulanten ärztlichen Versorgung gesetzlich Versicherter, was schließlich 1955 im Gesetz über das Kassenarztrecht in Form des Sicherstellungsauftrages verankert wurde.
Quelle: Ingo Pflugmacher. Ärzte Zeitung, 18.02.2009
Ministerium: Spiraleinlage ist umsatzsteuerfrei
In Bezug auf die Umsatzsteuerpflicht ärztlicher Leistungen gibt es jetzt zumindest für Gynäkologen eine wichtige Entscheidung: Das Einlegen von Spiralen und der Schwangerschaftsabbruch sind umsatzsteuerfrei.
Darauf verständigte sich die Bund-Länder-Kommission im Bundesfinanzministerium, die für Fragen der Umsatzsteuer zuständig ist. Die Entscheidung soll in die Umsatzsteuerrichtlinien aufgenommen werden.
Quelle: Ärzte Zeitung, 18.02.2009
Europäisierung der Gesundheitssysteme?
Blick ins Ausland, Perspektiven für Deutschland
Gesundheitspolitisches Symposium der Konrad-Adenauer-Stiftung / Landesbüro M-V vom 20. - 21. März 2009 in Schwerin / Hotel Speicher am Ziegelsee
Tagungsbüro: Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. / Kathrin Kress / Arsenalstr. 10 / 19053 Schwerin
Tel: 0385 555 705-0 / Fax: 0385 555 705-9 / Kas-schwerin@kas.de / http://www.kas-schwerin.de
kinawa: Die richtige Esskultur
Auf der japanischen Insel leben 33 Hundertjährige; von ihnen sind noch 26 aktiv und versorgen sich selbst. Ein japanischer Kardiologe untersuchte die Gründe für die Langlebigkeit.
- "Unter anderem sind gute Gene für Gesundheit bis ins hohe Alter verantwortlich", betont der agile 74-Jährige, jetzt Professor emeritus der University of the Ryukus (Okinawa). Das Altwerden lohnt sich nach seinen Worten nur bei körperlicher und geistiger Fitness. - "Entscheidend dafür sind vier Punkte: Esskultur, körperliche Aktivität, Selbstständigkeit und gegenseitige Hilfe." Diese Erkenntnisse und die Nutzanwendung für andere hat er in einem Buch zusammengefasst, das 1990 auf Japanisch, im Jahr 2001 auch auf Englisch ("The Okinawa Program") publiziert wurde. Übersetzungen sind in Korea, China, Italien, Frankreich, den Niederlanden und in der Türkei erschienen. Eine deutsche Übersetzung fehlt bislang.
- Esskultur heißt hier: Fisch, viel frisches Obst und Gemüse. Als äußerst wertvoll gilt "Goya", eine vitaminreiche Bittergurke mit genoppter Schale. Ingwer und Seetang wirken angeblich als Anti-Aging-Produkte. Zartes Schweinefleisch darf auch nicht fehlen. "Durch langes Garen und mehrmaliges Erneuern des Kochwassers ist es cholesterinfrei", hebt Suzuki hervor und empfiehlt außerdem Tofu, der auf Okinawa besondere Qualitäten besitze.
Quelle: Ursula Wiegand Dtsch Arztebl 2009; 106(6): A-259
In eigener Sache:
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Prof. Dr. Jost Brökelmann, Redakteur BAO-MAO-Aktuell
Bundesverband für Ambulantes Operieren e.V. – BAO
Präsident Dr. med. Jörg-A. Rüggeberg
Vereinsregister VR 6346
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