16.03.2009: BAO-MAO-Aktuell-Extra

BAO-MAO-Aktuell – Extra vom 16. März 2009
Nachrichten für Ambulante Operateure und Anästhesisten

Rede des Vorstandsvorsitzenden der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, Dr. Axel Munte, bei der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung am 6.3.2009 in Berlin
Auszüge
Wir müssen (...) über die beiden Krisen sprechen, die das deutsche Gesundheitswesen existenziell betreffen.
* Es geht um die Krise des KV-Systems.
* Und es geht um die Krise der ambulanten Facharztmedizin.
Beide Krisen sind untrennbar miteinander verbunden. Denn eine flächendeckende fachärztliche Versorgung durch niedergelassene Freiberufler könnte es am Besten nur im KV-System geben.
- Und es ist keine Ignoranz des BMG, sondern akzeptierte Folgewirkung, dass dabei der Kollaps des gesamten bisherigen GKV-Systems in Kauf genommen wird. Wir alle sehen die BMG-Strategie, den Markt der Krankenkassen zu bereinigen.
- Das Ziel ist klar: der Marktanteil der AOK muss auf über 50 % steigen. Dann hat die AOK überall eine Monopolstellung: Im Spitzenverband der Kassen, aber auch über den Mehrheitsentscheid des § 211a auf der Landesebene. Dann stehen der Einheitsmedizin alle Tore offen.
- Ganz genauso beim zweiten Ziel des BMG: die Abschaffung der wohnortnahen fachärztlichen Versorgung, die als doppelte Facharztschiene diffamiert wird – früher offen, jetzt versteckt.
- Jetzt haben die Gegner der Fachärzte den Königsweg gefunden: Eine intransparente und gleichmacherische Vergütungssystematik. Die Methode ist so einfach wie perfide: Man schütte billige ärztliche Leistungen von Ärzten mit einfachem Leistungsspektrum und geringen Kosten in den gleichen Honorartopf wie die Leistungen der hoch spezialisierten Fachärzte.
- Aus diesem Honorartopf bekommt nun aber jeder Arzt einer Fachgruppe für alle seine Patienten denselben Fallwert in Euro pro Quartal. Die Leistungsträger, die Träger des Fortschritts, geben ab und gehen in die Existenzkrise; Praxen mit bescheidenem Leistungsangebot profitieren von der "Morgengabe" der Leistungsträger.
Wer teure Schwerkranke behandelt ist eindeutig der Verlierer.
- Das größte Versäumnis des KV-Systems der letzten 8 Jahre war es doch, dass wir keine gemeinschaftliche Vision eines restrukturierten KV-Systems entwickelt haben – außer großen Reden ist doch absolut nichts geschehen.
- Wo wird im KV-System nach der nachvollziehbaren Qualität der Leistungen honoriert?
- Nur die KV Bayerns allein hat die Vergütungsdifferenzierung nach Qualität eingeführt.
- Wer würde die Arbeit der niedergelassenen Fachärzte heute noch in Frage stellen, wäre sie weitgehend evaluiert und erwiesenermaßen an der Indikation festgemacht?
- Es fällt der Politik also leicht, auch ihr drittes Ziel mit Riesenschritten zu verfolgen: Die Abschaffung dieser Kassenärztlichen Vereinigungen.
- Er ändert das Gesundheitswesen im Sinne einer zentralistischen Staatsmedizin, ohne dass die Mehrheit der Abgeordneten im Bundestag das überhaupt merkt.
- Abschaffung des KV-Systems, Kassenmonopol AOK und Eliminierung des niedergelassenen Facharztes – das sind die politischen Ziele des BMG, getragen von der Großen Koalition und der Kanzlerin. Darauf müssen wir eine Antwort finden.
- Das Interesse am Erhalt einer differenzierten fachärztlichen Versorgung, die sich in den Regionen unterschiedlich entwickelt hatte, war gleich Null.
- Pay for Performance ist die einzige Chance für die niedergelassenen Fachärzte langfristig zu überleben. Deshalb brauchen wir in den Regionen die Möglichkeit, die fachärztliche Versorgung entsprechend zu gestalten.
- Nur so können wir eine qualitätsgesicherte, effektive, effiziente, moderne und wirtschaftliche fachärztliche Versorgung aufbauen.
- Deshalb fordern wir mit der bayerischen Staatsregierung die sofortige Beendigung des RLV-Wahnsinns.
- Zu dieser Forderung gehört auch die Feststellung, dass die vitalen Interessen der in Bayern niedergelassenen Fachärzte durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung nicht länger vertreten werden.
- Fakt ist: das BMG hat mit den letzten Gesundheitsreformen die KBV zu einer Staatsbehörde degradiert.
- Die KBV setzt die gesetzlichen Vorgaben, die zunehmend an der Versorgungsrealität vorbeigehen, letztlich um, ohne dabei noch Perspektiven für einen freien Arztberuf aufzuzeigen.
- Sie bietet der Politik einen komfortablen Deckmantel. Den Deckmantel, alles sei in der Selbstverwaltung entstanden.
- Wir müssen uns der KBV, wie sie heute agieren muss, als Staatsorgan entledigen, damit die Kassenärztlichen Vereinigungen der Länder überhaupt noch eine Chance haben.
- Deshalb sollten die Vorstandsmitglieder der KBV ernsthaft überlegen, ihre Ämter einem Staatskommissar zu überlassen.
- Als kraftvolles Zeichen, dass wir dem Staat nicht mehr als Dienstleister zur Konkursverwaltung des von ihm diskriminierten Kollektivvertrags zur Verfügung stehen.
- Frau Merkel und Frau Schmidt müssen endlich erfahren, dass wir uns nicht länger für die Durchsetzung ihrer Ziele missbrauchen lassen.
- Die bayerischen Fachärzte sehen es auch nicht mehr ein, eine KV in dieser Staatsabhängigkeit zu finanzieren.
- Wir sind in einer Existenz gefährdenden Krise. Deshalb brauchen wir radikale Lösungen.
- Wir müssen die Kollaboration mit dem Staat beenden, solange der völlig willkürlich mit der Existenz von tausenden Ärzten und deren Mitarbeitern und Familien spielt.
- Die bayerischen Fachärzte sind nicht länger die Gesundheitssklaven der Berliner Institutionen.
Wenn der Gesetzgeber mit neuer Einsicht (...) das KV-System erhalten wollte, dann muss er
1. Die Gestaltungskraft der Länder-KVen wieder herstellen. Deshalb muss
2. die KBV als staatsabhängige Organisation verändert werden.
3. müssen die gesetzlichen zentralistischen Vorgaben zur Honorarverteilung weg.
4. müssen die Länder-KVen ihrer Verantwortung für den Patienten endlich gerecht werden können. Die KVen müssen deshalb
5. verpflichtet werden, das Honorar nach Qualität und Exzellenz zu verteilen und damit auch die Leistungsmenge zu steuern.
6. Da der Kollektivvertrag neben den Einzelverträgen nicht erhalten werden kann, müssten dann die §§ 73b und c und 140a abgeschafft werden. Nur so können wir auf regionaler Ebene die Handlungsfähigkeit des KV-Systems wieder herstellen.
Und nur dann könnten wir den niedergelassenen Fachärzten wieder eine verlässliche Perspektive bieten.
- Deshalb teile ich Minister Söders Feststellungen:
1. Das System ist nicht reformierbar, es muss beendet werden, und
2. Die KVen werden aller Voraussicht nach den Körperschaftsstatus verlieren. Darauf müssen wir uns einstellen.
Was in Baden-Württemberg und Bayern geschehen ist, wird in ganz Deutschland weitergehen.

Ärzte im Südwesten forcieren den Abschied von der KV
Geschätzt 10.000 gelbe Karten haben Ärzte und Praxismitarbeiter am Mittwochnachmittag in Stuttgart in die Höhe gereckt: Sie gaben damit ihre Zustimmung zu einem Forderungskatalog, mit dem niedergelassene Ärzte in Baden-Württemberg ihren Druck auf die Politik erhöhen.
- Deutlich wurde in der aufgeheizten Stimmung, dass viele Ärzte in Baden-Württemberg sich von der Körperschaft schnellstmöglich verabschieden wollen: "Das System hat sich überholt", sagte Medi-Chef Dr. Werner Baumgärtner. Er setzt auf den Ausstieg aus dem KV-System durch Verträge nach Paragraf 73b und 73c.
Die KBV stehe dem "Desaster der Honorarreform" völlig hilflos gegenüber, betonte Hausärzteverbands-Chef Dr. Berthold Dietsche. Die Reform habe "nichts mit dem zu tun, was uns zugesagt wurde". Fälschlich behaupte die KBV, es handele sich um eine Euro-Gebührenordnung, beschwerte sich Dietsche. Tatsächlich seien "Punktewolken" nur umetikettiert worden, sagte der Verbandschef.
- Patienten in Baden-Württemberg werden das Honorarchaos bei der Versorgung spüren, kündigte der Orthopäde Metke an.
Die Fachärzte würden Patienten künftig öfter an die Kliniken überweisen müssen, weil nicht mehr ausreichend Personal in den Praxen vorhanden sei, erklärte Metke.
Was Ärzte in Baden-Württemberg fordern
Die Demonstranten haben am Mittwochabend einen Forderungskatalog verabschiedet:
* Aussetzen des EBM und Neuformulierung eines betriebswirtschaftlich kalkulierten EBM.
* Anhebung der GKV-Ausgaben für die ambulante ärztliche Versorgung auf 20 Prozent der Gesamtausgaben - 2008 sind es 15,1 Prozent gewesen.
* Zwang für Kassen zum Abschluss von Verträgen nach Paragraf 73 c mit Fachärzten.
* Kostenerstattung als Option auch für Ärzte im SGB V.
"Das System hat sich überholt." Dr. Werner Baumgärtner Chef des Medi-Verbunds
Wie Ärzte ihre Forderungen durchsetzen wollen:
Der Streit über die Honorare soll in die Praxen getragen werden, dies sind die Instrumente:
* Am 1. April sowie am 1. und 2. Juli sollen die Praxen geschlossen bleiben.
* Eine Großdemonstration ist für den 23. September geplant.
* Anlässlich von Praxisschließungen soll es eine koordinierte Faxaktion von Ärzten und Patienten geben. Adressaten sind Ministerien und Zeitungsredaktionen.
* Patienten sollen auf Postkarten über die RLV informiert werden.
* Wahlempfehlungen in Praxen.
Quelle: Florian Staeck. Ärzte Zeitung, 12.03.2009

Demonstration am 18. März 2009 in Düsseldorf!
Frauen, Frauenärztinnen und Frauenärzte demonstrieren am 18. März 2009 in Düsseldorf - um 10.00 Uhr vor dem Gebäude der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, Tersteegenstr. 9, und gegen 11.30 Uhr vor dem NRW-Landtag.
Sie wollen auf die Notsituation von Frauen und von Frauenarztpraxen aufmerksam machen. NRW-Minister K.-Josef Laumann wird eine Delegation der Protestbewegung empfangen. Die Fallpauschale (RLV) beträgt für das 1. Quartal 2009 15,96 Euro und für das 2. Quartal 2009 sogar nur 13,81 Euro. Für diese Beträge ist eine qualifizierte, kurativ-medizinische Versorgung von Frauen nicht möglich.
Quelle: GenoGyn NEWSLETTER vom 13.3.2009

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Prof. Dr. Jost Brökelmann, Redakteur BAO-MAO-Aktuell
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