Hamburg, Hannover, Düsseldorf und viele andere Städte – am vergangenen Mittwoch haben sich bundesweit mehr als tausend Ärzte und Psychotherapeuten versammelt, um ihren Unmut gegen das geplante Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) zu bekunden. Viele Praxen blieben an dem Tag teilweise geschlossen. „Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will mit dem Gesetz massiv in unsere ärztliche Tätigkeit eingreifen. Das lassen wir uns nicht gefallen“, sagte Wieland Dietrich, Bundesvorsitzender der Freien Ärzteschaft (FÄ) am Montag in Essen. Eine Fortsetzung der Aktionen sei geplant.
Die voll besetzten Säle, fundierten Vorträge über die Konsequenzen des Gesetzes, regen Wortbeiträge und gemeinsamen Resolutionen zeigen, wie groß die Kritik am TSVG ist und wie einig sich die Ärzte dabei sind. „Wir lehnen das Gesetz ab, weil es für uns zunehmende Fremdbestimmung und staatliche Kontrolle sowie noch mehr Bürokratie bedeutet“, betont Dr. Silke Lüder, FÄ-Vizevorsitzende und Mitorganisatorin der Veranstaltung in Hamburg. Und weder verkürze das TSVG die Wartezeiten auf Arzttermine, noch verbessere es die Versorgung der Patienten. Im Gegenteil: Vor allem chronisch kranke Menschen, die regelmäßig ärztliche Betreuung benötigten, würden stark benachteiligt, da „neue“ Patienten bevorzugt Termine bekommen sollen. Lüder machte klar: „Wir brauchen nicht mehr Druck, sondern mehr Ärzte sowie Anreize, die die vertragsärztliche Tätigkeit wieder attraktiv machen.“ Auch für psychisch kranke Menschen sei das Gesetz eine Zumutung, weil die Notwendigkeit und Art der Therapie erst von einem Gutachter geprüft werden sollen.
Ein großes Ärgernis ist zudem die „25-Stunden-Regelung“. Niedergelassene Ärzte sollen demnach mindestens 25 Stunden Sprechzeit pro Woche anbieten statt bisher 20 Stunden. FÄ-Vizevorsitzender Dr. Axel Brunngraber aus Hannover ist empört: „Dadurch soll der Eindruck erweckt werden, die Ärzte seien faul und man müsste sie auf Trab bringen. Dabei arbeiten Ärzte im Durchschnitt 52 Stunden die Woche. Minister Spahn diffamiert mit seiner Forderung unsere ganze Berufsgruppe.“ In Hannover verabschiedeten die Ärzte eine gemeinsame Resolution: „Die niedergelassene Ärzteschaft in Niedersachsen fordert die Abgeordneten des Deutschen Bundestags auf, den vorliegenden Gesetzentwurf zu einem TSVG abzulehnen.“ Vielmehr müssten jetzt die tatsächlich schwerwiegenden Unzulänglichkeiten der Gesundheitspolitik identifiziert und ursächlich angegangen werden: ausreichender Nachwuchs für mehr Arztzeit und Abschaffung von Budgets, Regressen und staatsmedizinischem Dirigismus.
Ein großes Thema bei den Veranstaltungen am vergangenen Mittwoch war auch die Online-Anbindung der Arztpraxen an die Telematik-Infrastruktur (TI) sowie die im Gesetz vorgesehene flächendeckende Einführung der elektronischen Patientenakte. Viele Ärzte wollen da nicht mitmachen: In Düsseldorf haben 90 Prozent der Teilnehmer der TI eine Absage erteilt – auch bei Honorarkürzung. „Wir müssen die Geheimnisse unserer Patienten bewahren, das ist unsere Aufgabe als Ärzte“, betonte FÄ-Vize Lüder unter großem Applaus in Hamburg. Datenklau, wie er kürzlich bei Politikern stattgefunden habe, müsse bei Gesundheitsdaten ausgeschlossen werden – denn das sei auch eine Gefahr für unsere Demokratie.
Über die Freie Ärzteschaft e.V.
Die Freie Ärzteschaft e. V. (FÄ) ist ein Verband, der den Arztberuf als freien Beruf vertritt. Er wurde 2004 gegründet und zählt heute mehr als 2.000 Mitglieder: vorwiegend niedergelassene Haus- und Fachärzte sowie verschiedene Ärztenetze. Vorsitzender des Bundesverbandes ist Wieland Dietrich, Dermatologe in Essen. Ziel der FÄ ist eine unabhängige Medizin, bei der Patient und Arzt im Mittelpunkt stehen und die ärztliche Schweigepflicht gewahrt bleibt.
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V. i. S. d. P: Wieland Dietrich, Freie Ärzteschaft e.V., Vorsitzender, Gervinusstraße 10, 45144 Essen, Tel.: 0201 68586090, E-Mail: mail@freie-aerzteschaft.de, Internet: http://www.freie-aerzteschaft.de
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