10.11.05: BAO-MAO-Aktuell EXTRA

Autor: Professor Dr. med. Jost Brökelmann

Nachrichten für Ambulante Operateure und Anästhesisten

++++ Ärzte-Protesttag am 9.11.2005 in Köln ++++

 
+++ Initiatoren werten Protesttag als großen Erfolg – "Dies ist erst der Anfang" +++
Kein freier Quadratmeter war heute auf der Domplatte in Köln noch zu finden: Über 4.000 niedergelassene Haus- und Fachärzte waren dem Aufruf der Freien Ärzteschaft gefolgt und standen dicht gedrängt und mit Transparenten ausgerüstet auf den Platz vor dem Wahrzeichen der Rheinmetropole. Sie protestierten für bessere Arbeitsbedingungen in den Praxen und eine gerechtere Honorierung. Unterstützung erhielten die Ärzte von mehreren hundert Arzthelferinnen, die ebenfalls lautstark bessere Bedingungen in der ambulanten medizinischen Versorgung forderten.
"Wenn mir vor acht Wochen jemand gesagt hätte, dass sich so viele Ärzte beteiligen – ich hätte ihm nicht geglaubt. Dabei ist dies erst der Anfang", freute sich der Präsident der Freien Ärzteschaft, Martin Grauduszus, über den großen Zuspruch unter den Kollegen.
Auch Dr. Angelika Haus vom Landesverband Nordrhein des Hartmannbundes erhielt großen Beifall als sie statt Punkten "eine Vergütung in Euro und Cent" forderte.
Dr. Martin Junker vom NAV-Virchow-Bund unterstützte die Veranstaltung ebenfalls und forderte in seiner Rede von der Politik "die Anerkennung, die wir verdient haben". Die Politik müsse endlich die Rahmenbedingungen für die niedergelassenen Ärzte verbessern. "Das gilt auch für einige unserer eigenen Mandatsträger, die offenbar vergessen haben, wer sie gewählt hat", betonte der Allgemeinmediziner aus Olpe.
Für die Vorsitzende des Berufsverbandes der Arzthelferinnen in Nordrhein, Luisa Drehsen, war der Protesttag nicht nur aufgrund der großen Teilnehmerzahl ein Erfolg: "Das Besondere an diesem Tag ist, dass wir hier in Nordrhein erstmals gemeinsam mit unseren Arbeitgebern auf die Straße gehen." Dies sei auch nötig, da beide Berufsgruppen vom Arbeitplatz Praxis abhängig seien.
Quelle: http://www.facharzt.de/content/facharzt.otx/187,39960,0.html


+++ Anästhesist Henatsch fordert Kollegen zur Rückgabe der Zulassung auf +++
Rede von dem Anästhesisten Dr. Christian Henatsch heute (9.11.2005) bei der Demonstration niedergelassener Ärzte in Köln
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Mein Name ist Christian Henatsch, Dr. Christian Henatsch; ich bin Jahrgang 1948, Narkosearzt und seit 16 Jahren in Düsseldorf als niedergelassener Anästhesist tätig.
Ich spreche für meine Fachgruppe, wenn ich hier und heute sage, dass eine Beibehaltung der jetzigen gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen das sichere "Aus" für ambulantes Operieren bedeuten wird. Ambulante Operationen auf einem anerkannt hohen Niveau werden in Deutschland zukünftig der Vergangenheit angehören und meine Berufsgruppe – d.h. die ambulante Anästhesie – wird damit aufhören zu existieren – es sei denn, wir entschließen uns zu handeln.
Zwei Beispiele sollten genügen, dieses zu belegen.
Das erste Beispiel ist Niedersachsen, wo in den kommenden Monaten mit Sicherheit bis zu 50 Prozent der Kolleginnen und Kollegen meiner Fachgruppe den Insolvenzantrag werden stellen müssen wegen der Begrenzung ihres Honorartopfes. D.h. für diese Kollegen: aus, vorbei, denn kein einziger Arzt kann überleben, solange sein Honorar pro Narkose auf einen Wert von 50 bis 80 Euro abgestuft wird. Dieses ist kein Honorar, dies ist ein Trinkgeld.
Das zweite Beispiel betrifft uns hier in Nordrhein, wo – laut Abrechnung des 2. Quartals 2005 – fast jede 2. Narkose umsonst erbracht wird, - 40 Prozent aller Narkosen werden nicht vergütet. Vier von 10 Narkosen werden von uns umsonst geleistet, damit das begrenzte Honorar der Fachgruppe rechnerisch ausreicht, wenigstens die restlichen 6 Narkosen zu bezahlen, und zwar mit einem Punktwert von 5,11 Cent, was – laut Kassen und Politik – betriebswirtschaftlich angemessen sein soll!!
Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen so gut wie ich, dass mit dieser Vergütung, mit diesem System der Mangelvergütung – ein betriebwirtschaftliches Überleben nicht mehr möglich ist. Und wenn ich von betriebswirtschaftlichem Überleben spreche, dann klammere ich in diesem Moment Themen wie Altersversorgung, Ausbildung der Kinder oder Teilnahme am kulturellen Leben bewusst aus.
Ich fordere daher hiermit und heute meine Fachgruppe auf, gemeinsam mit mir die Kassenzulassung zurückzugeben, und zwar in einer kollektiven, abgesprochenen Aktion bundesweit.
Lassen Sie uns die Zulassung zum Kassenarzt als Anästhesist oder Schmerztherapeut zurückgeben und damit auch den Sicherstellungsauftrag an die Kassen.
Ich fordere meine Fachgruppe dazu auf, den einzig denkbaren Weg einzuschlagen, der ein Überleben der Fachgruppe, des einzelnen Fachkollegen und damit auch des ambulanten Operierens garantiert: ein Ausstieg aus dem System der kassenärztlichen Vereinigungen unter Berufung auf die klaren und eindeutigen Regelungen des SGB V § 72und § 95.
Was besagen diese Paragraphen genau?
§ 72 legt fest, dass der Sicherstellungsauftrag an die Kassen zurückgeht, wenn 50 Prozent oder mehr einer Fachgruppe ihre Zulassung kollektiv zurückgibt.
§ 95 legt fest, dass dann diese Ärzte gegenüber den Kassen einen gesetzlichen Vergütungsanspruch – ich wiederhole einen Anspruch auf Vergütung haben! Und dieser Anspruch liegt in Höhe des 1-fachen Satzes der Gebührenordnung für Ärzte. Einzige Voraussetzung: diese Ärzte haben zuvor mit mehr als der Hälfte ihrer Fachgruppe kollektiv, d.h. in einer koordinierten gemeinsamen Aktion freiwillig auf ihre Zulassung verzichtet.
Kolleginnen und Kollegen, der Gesetzgeber hat einst diese Möglichkeit als bewusstes Hindernis in das Gesetzbuch geschrieben, um den einzelnen Kassenarzt fest an das so lukrative System der GKV zu binden. Jetzt erscheint sie absurderweise als der einzig verbliebene Schimmer am Horizont: ein zustehendes Honorar in Form einer klaren und transparenten Rechnung in Euro und Cent, Kostenerstattung durch Festgeld, auf der Basis einer Gebührenordnung.
Ich bin bereit, diesen Weg zu gehen und meine Zulassung zurückzugeben – wenn meine Fachgruppe mir folgt. Wenn wir so handeln, handeln wir nicht nur im Interesse der Überlebens der Fachgruppe, wir handeln zugleich im Interesse des Angebotes an die Bevölkerung, weiterhin ambulante Operationen auf höchstem Niveau dort anzubieten, wo die Menschen leben. Ohne ihren Narkosearzt wird dies nicht mehr gehen. Aber es geht ohne die Zulassung, es geht ohne die Kassenärztlichen Vereinigungen. Es liegt nur an uns.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Danken möchte ich allen Kolleginnen und Kollegen aus meiner Fachgruppe, die mir in den vergangenen Tagen aus dem ganzen Bundesgebiet zahlreich signalisiert haben, dass es erstmals auch zulässig ist, Gedanken über einen Ausstieg aus dem System zu aktivieren, zu diskutieren und sie letztlich auch zu artikulieren! Ich bin mir sicher, dass die 3.500 in Deutschland niedergelassenen Anästhesistinnen und Anästhesisten diesen Weg gehen müssen, auch – um unseren Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Fachgebieten zu demonstrieren, dass uns eine abgesicherte Existenz nicht von den KVen oder Kassen oder gar von den Politikern geboten wird – sondern dass der erste Schritt zu einer abgesicherten Existenz von uns selber kommen muss – von uns Ärzten. Erst wenn wir begreifen, dass wir für unsere Interessen auch kämpfen müssen, wird auch unsere Umgebung begreifen, welchen Wert wir Sie und damit auch für unsere Gesellschaft haben.
Quelle: facharzt.de vom 9.11.2005


+++ Große Beteiligung beim Protesttag niedergelassener Ärzte in Köln / Etwa jede zweite Praxis in NRW blieb zu +++
Mehrere Tausend Ärzte und Praxismitarbeiterinnen haben gestern vor dem Kölner Dom an der Kundgebung zum 1. nationalen Protesttag der niedergelassenen Ärzte teilgenommen.
Der Protesttag geht auf die Initiative des Verbands "Freie Ärzteschaft" zurück. Mehrere ärztliche Organisationen wie der Hartmannbund und die Landesverbände Nordrhein und Westfalen-Lippe des NAV-Virchow-Bundes sowie der Verband der Arzthelferinnen hatten sich dem Aufruf angeschlossen.
Quelle: Ärzte Zeitung vom 10.11.2005

Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Jost Brökelmann
Bundesverband für Ambulantes Operieren - BAO
Managementgesellschaft Ambulantes Operieren – MAO
Sterntorbrücke 1, D-53111 Bonn
Tel.: 0228-692423
Fax: 0228-631715
E-Mail: baobonn@t-online.de oder maobonn@t-online.de
Internet: http://www.operieren.de oder http://www.mao-bao.de

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