Aufteilung von Fallpauschalen: Kosten exakt ermitteln und Honorar fair aufteilen
Berlin. Seit Einführung der sogenannten Hybrid-DRG nach §115f SGB V können Einrichtungen im stationären wie im ambulanten Sektor u. a. Leistungen des Ambulanten Operierens zu sektorengleichen Bedingungen abrechnen. Dies hat die Aufmerksamkeit erneut auf die Frage der Honorarverteilung zwischen den operativen Fachgruppen und der Fachgruppe Anästhesie gelenkt. Diese war bereits in der Vergangenheit bei der Abrechnung von ambulanten und stationsersetzenden Eingriffen nach §115b SGB V nur unzureichend geregelt. Und auch bei der Abrechnung nach §115f SGB V fehlt es in diesem Punkt an klaren Vorgaben durch Gesetzgeber und Selbstverwaltung.
Der Berufsverband der Deutschen Chirurgie (BDC) und der Berufsverband Deutscher Anästhesistinnen und Anästhesisten (BDA) hatten sich daher Ende Januar 2024 auf eine gemeinsame Empfehlung zur Aufteilung der Hybrid-DRG geeinigt, wonach bei Betrieb des Aufwachraums durch die Chirurgie ein Honoraranteil von 64% auf die Chirurgie und von 36% auf die Anästhesie entfallen sollte.
Der Bundesverband Ambulantes Operieren (BAO) hält derartige pauschale Formeln für die Honoraraufteilung allerdings nicht für zielführend. Er plädiert vielmehr für eine Aufteilung der Hybrid-DRG entsprechend der tatsächlich anfallenden Betriebs- und Sachkosten sowie Arbeitsstunden der beteiligten Fachrichtungen. Hierbei müssen für die operativen Fachgruppen und der Fachgruppe Anästhesie jeweils identische Stundenlöhne angesetzt werden.
Eine faire Honoraraufteilung, die sämtliche anfallenden Kosten der OP-Einrichtung und der beteiligten Ärzt*innen berücksichtigt, erfordert folgende Schritte:
- Transparente Ermittlung der Betriebskosten. Hierfür müssen sämtliche Betriebskosten der OP-Einrichtung (vertragsärztliche Praxis, ambulantes Operationszentrum, Krankenhaus oder Privatklinik nach § 30 Gewerbeordnung) ermittelt werden, in der die entsprechenden Leistungen erbracht werden. Zu den Betriebskosten zählen u. a. auch Aufwendungen für Hygiene und die erforderliche EDV-Ausstattung. Die Betriebskosten können dann pro Stunde oder nach Eingriffsart zusammengefasst und in die Kalkulation aufgenommen werden.
- Berechnung der eingriffsbezogenen Sachkosten/Implantate. Hierbei müssen je nach Bundesland die spezifischen Regelungen zum Sprechstundenbedarf und zu den Sachkosten berücksichtigt werden.
- Verteilung des reinen Arztlohnes. Aus der ausgezahlten Fallpauschale abzüglich Betriebs- und Sachkosten ergibt sich der Arztlohn für die jeweilige Leistungen. Dieser kann z. B. in Form eines für beide Fachrichtungen gleichen Stundenlohns an Operateur*innen und Anästhesist*innen aufgeteilt werden. Dabei sind die jeweiligen örtlichen Betriebsabläufe – z. B. Zuständigkeit für die Betreuung von Patient*innen im Aufwachraum, Verantwortung für ggf. erforderliche verlängerte Beobachtungszeit, Dauer der Rufbereitschaft – zu berücksichtigen.
Die professionelle Berechnung der gemeinsamen Kostenstrukturen hat nach Auffassung des BAO neben der fairen Honoraraufteilung aber auch aus politischer Sicht klare Vorteile:
- Transparente Ausweisung des Arztlohns. Die pauschale Vergütung von Leistungen des Ambulanten Operierens nach §115f SGB V ermöglicht es, den tatsächlichen Arztlohn für spezialisierte fachärztliche Leistungen unabhängig von Kosten und Relativbewertungen zu ermitteln und öffentlich auszuweisen.
- Vollständige Kostenerstattung. Die Erstattung sämtlicher tatsächlich anfallender Kosten an die jeweilige OP-Einrichtung trägt dazu bei, die ökonomische Zukunft der operativen Einrichtungen zu sichern und zu stärken.
- Öffentlichkeitswirksame Maßnahmen. Ergibt sich aus den ausgezahlten Fallpauschalen eine erhebliche Abwertung oder gar eine Nichterstattung des Arztlohn-Anteils, sollten die beteiligten Fachrichtungen gemeinsam beschließen, die betroffenen Leistungen aus dem Angebot der OP- Einrichtung zu streichen, bis eine entsprechende Änderung der gesetzlichen Grundlage erfolgt ist. Die transparente Kostenermittlung erleichtert es ihnen dabei, diese Entscheidung öffentlichkeitswirksam zu begründen.
Voraussetzung sowohl für die faire Aufteilung des Honorars und auch die öffentliche Transparenz im Falle von Honorardefiziten sind zukunftsfähige Verträge zwischen den operativen Fachgruppen und der Fachgruppe Anästhesie. Der BAO fordert alle am Ambulanten Operieren beteiligten Ärzt*innen deshalb auf, zur Aufteilung von Honoraren nach §115f SGB V anstelle von Pauschallösungen auf professionell ermittelte Kostenberechnungen zurückzugreifen, die den Betriebs-, Sach- und Arztkosten in ihrer jeweiligen OP-Einrichtung gerecht werden.
Der BAO vertritt mit den assoziierten Verbänden der Zukunftsgruppe Ambulantes Operieren 2022 zirka 3.000 Fachärzt*innen.
Kontakt:
BAO Geschäftsstelle Joachim-Karnatz-Allee
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