13.08.2009: BAO-MAO-Aktuell Extra

BAO-MAO-Aktuell – Extra vom 13. August 2009
Nachrichten für Ambulante Operateure und Anästhesisten

BAO-Extra vom 8. Internationalen Kongress für Ambulantes Operieren

Auf dem 8. Internationalen Kongress für Ambulantes Operieren in Brisbane, Australien, vom 3. bis 6. Juli 2009 waren 3 BAO-Mitglieder anwesend: Frau Dr. Petra Tietze-Schnur, BAO-Präsidium; Dr. Jacky Reydelet, ehemaliges Präsidiumsmitglied, Delegierter des BAO und Schatzmeister der International Association for Ambulatory Surgery (IAAS); Prof. Dr. Jost Brökelmann, Delegierter des BAO. Hier sind ihre Berichte:

Notizen zu einigen Vorträgen

Jarrett, Paul (United Kingdom): Outsourcing day care for public patients
Die Wartelisten in England werden z. Zt. langsam abgebaut, indem private Hospitäler im Rahmen von "Limited Liability Partnerships" (LLPs) Patienten des National Health Service (NHS) operieren. Bezahlt werden Einzelleistungen (fee for service) nach Tarif. Ein Problem dieses "Outsourcing" ist, dass hierdurch Patienten für die Weiterbildung der Chirurgen in den öffentlichen Krankenhäusern nicht zur Verfügung stehen.
Kommentar: Der staatliche Gesundheitsdienst NHS kann seine Aufgaben ohne die Hilfe von privaten Hospitälern und Tageskliniken nicht mehr erledigen. Die Weiterbildung von Jungärzten wird auch dort zum Problem – ähnlich wie in Deutschland.

Molloy, David (Australia): Laparoscopic abdomino-vaginal hysterectomy – a 23 hour surgery operation?
Eine Entlassung am nächsten Morgen ist nach Ansicht von Molley meistens möglich. Als hilfreich für eine frühe Entlassung nannte er: Lokalanästhesie der Wunden, Muskelnähte vermeiden (sie machen nur Schmerzen), und ggf. die Patientin schon vor der Operation in der Selbst-Katheterisierung unterrichten.
Kommentar: In Australien gelten gleich hohe DRGs für stationäre und ambulante Behandlung. Dies erklärt das generelle Bemühen, Patienten ambulant zu behandeln.

Stevenson, Andrew (Australia): Major colorectal procedures
Entlassung häufig nach 23 Stunden

Woo, Henry (Australia) Day surgery treatment of benign prostatic hypertrophy
Berichtet über gute Erfahrungen mit dem "green light laser".

Ahlburg, Peter (Denmark): Operation for lumbar disc prolapse on an outpatient basis
Von 200 Patienten mussten nur 4 stationär aufgenommen werden. 19 hatten später ein Rezidiv. Die Wartelisten konnten von 6 Monaten auf weniger als 3 Wochen reduziert werden.

Bartholomeusz, Hugh (Australia): Body contouring in day surgery
Seit 14 Jahren operiert Bartholomeusz auch größere plastisch-chirurgische Eingriffe wie Mammareduktionsplastiken und radikale Abdominoplastiken ambulant. Er benutzt immer Tumeszenz-Infiltration und einen Argon-Koagulator. Weitere Empfehlungen: Fahrbare Operationstische (keine Umlagerung nötig), prä- sowie post-operative Instruktionen und Telefonanrufe durch Krankenschwestern.

Baskerville, Paul (United Kingdom): What can day surgery learn from the airline industry and pilot training?
Als besonders wichtig hat sich der Teamarbeit-Faktor herausgestellt. Komplikationen seien häufig durch ein Versagen des Teams verursacht, weil sich dann Fehler addieren. Es gelte, den Enthusiasmus des Teams und die Bereitschaft zum Lernen und zur Verbesserung der Leistungen zu fördern.

Mohamed, Gamal (Hungary): Ambulatory surgery: the Hungarian experience
1997 wurde die Hungarian Association for Ambulatory Surgery gegründet. Sie hat wesentlich dazu beigetragen, dass es in Ungarn seit 2003 "free standing ambulatory surgical units" entsprechend unseren Praxiskliniken gibt. Die Bezahlung für ambulante Operationen ist die gleiche wie für stationär durchgeführte Operationen, also ähnlich wie in Australien.
2007 gab es schon 47 Praxiskliniken, die Zahl steigt ständig.
Kommentar: Im Jahre 2013 wird Ungarn den 10. Internationalen Kongress für Ambulante Chirurgie in Budapest austragen.

Row, Naresh (India): Progress of ambulatory surgery in India
In Indien gibt es keine gesetzliche Krankenversicherung. Das ambulante Operieren wird nicht staatlich gefördert. Deswegen findet eine Ausbreitung zunächst nur in privaten Praxen (Praxiskliniken) statt.
Die Indian Association of day Surgery hat jetzt 259 Mitglieder. Privatversicherungen fangen an, ambulante Operationen zu erstatten.

Kong, James (Hong Kong): Expansion of day surgery in South-East Asia
Der Chirurg Kong zog sich zum ambulanten Operieren nach Myanmar (Birma) zurück, nachdem er zuvor das größte Hospital in Hong Kong ganz auf EDV-Verwaltung erfolgreich umgestellt hatte. Als aus Effizienzgründen z.B. Hernien bei Kindern auch samstags durch Hernien-Spezialisten operiert werden sollten, verweigerten Allgemein-Chirurgen die Mitarbeit im Krankenhaus, weil sie die Hernien nicht mehr operieren konnten, und obwohl durch das strikte OP-Management die Wartelisten abgebaut wurden.

Jackson, Ian (United Kingdom): What are the limiting factors for the future expansion of day surgery?
Jackson nennt: Alte Menschen, Fettsucht, Weiterbildung von Chirurgen und Anästhesisten und die Kosten neuerer Techniken, auch unter Gesichtspunkten der Umweltbelastung.

Allardyce, Randall (New Zealand): The Canterbury Charity Hospital: addressing unmet clinical need in New Zealand
Neuseeland hat ein öffentliches Gesundheitswesen, das unter Geldmangel leidet. Dies hat zu Wartelisten geführt. Viele arme Leute werden nicht mehr operiert. Deswegen haben sich Ärzte, Krankenschwestern und Freiwillige eines Landkreises zusammengeschlossen, um diese Armen kostenlos zu operieren und zu behandeln. Mit Unterstützung von Industrie und Privatgebern, ohne staatliche Hilfe, wurde im Jahre 2007 eine Tagesklinik mit OP-Saal und Aufwachräumen eingerichtet. Zur Zeit werden etwa 700 Patienten pro Jahr kostenfrei behandelt. Der Rückhalt und das Spendenaufkommen in der Bevölkerung sind groß. Weitere "Charity Hospitals" sind geplant.
Kommentar: Wenn ein (Wohlfahrts-)Staat die Bedürfnisse der ärmeren Bevölkerung nicht mehr befriedigen kann, funktioniert immer noch – oder wieder – die auf Altruismus aufbauende Privathilfe.

Coenye, Kenneth (Belgium): effect of one-day setting on the training of young surgeons in inguinal hernia repair
Von 350 ambulanten Hernienoperationen der letzten 2 Jahre wurden 73 von Ärzten in der Weiterbildung durchgeführt. Sie benötigten für die Operation durchschnittlich 26,6 Min., während die Fachärzte nur 15,4 Min. gebrauchten. Das Vorkommen von Seromen und Hämatomen war in beiden Gruppen gleich. Die Fachärzte hatten 1,1 % Rezidive, die Ausbildungsassistenten 2,7 %.
Kommentar: Solche Studien können Hinweise darauf geben, um wie viel Prozent "Lehroperationen" höher als "Facharzt-Operationen" vergütet werden müssen. Im Fall der Hernienoperation wären dieses bei der Kugelpatch-Technik 73 %.

Brökelmann, Jost (Germany): Initiative "Doctors Help Doctors"
In den Jahren 2006 bis 2008 fuhren Teams von Ärzten, Krankenschwestern und Assistenten aus Deutschland nach Ägypten, um dort bedürftigen Kranken zu helfen und Ärzte in modernen Operations- und Management-Methoden weiterzubilden. 2008 besuchten 5 ägyptische Ärzte/Innen deutsche Tageskliniken und eine Firma für endoskopische Geräte. Der Austausch hat mittlerweile dazu geführt, dass 2 endoskopische Einheiten in Assuan neu eingerichtet wurden, eine in einem kleinen Hospital und eine weitere in einer neuen Tagesklinik.
Die deutschen Teams arbeiten ehrenamtlich. Unterstützung gab es durch die Ägyptische Regierung und die deutsche Industrie.
Kommentar: Dieser Weg der "Hilfe zur Selbsthilfe" wurde von allen Beteiligten und den Kongressteilnehmern durchaus begrüßt. Als Hemmnisse für eine zügige Weiterentwicklung der Missionen erwiesen sich unterschiedliche Religionszugehörigkeiten bei den Ägyptern sowie Korruption in der Administration, beides nichtmedizinische Gründe.

Gowland, Stuart (New Zealand): Mobile Share Day Surgery in New Zealand
Seit 2002 hat die Regierung von Neuseeland einen "Chirurgie-Bus" finanziert, der zu 22 der kleinsten Hospitäler in ländlichen Gegenden nach einem bestimmten Plan fährt und OP-Raum mit entsprechender medizinisch-technischen Ausrüstung zur Verfügung stellt. Operateure, Anästhesisten und Krankenschwestern werden in der Regel vor Ort gestellt. Bislang wurden 10.000 Patienten behandelt.
Kommentar: Das Modell scheint sich für ländliche Gegenden zu bewähren.

Roberts, Lindsay (Australia): Utilizing day surgery centres/units for undergraduate medical education – a matter of urgency!
Zahlen belegen, dass die Zahl der für die Lehre zur Verfügung stehenden Patienten in öffentlichen Krankenhäusern in Australien durch die Verlagerung von Operationen in private Tageskliniken bedrohlich abnimmt. Deswegen sollten Tageskliniken für die Lehre geöffnet werden.
Kommentar: Das Problem in Australien wie in Deutschland und anderswo ist die Bezahlung fachärztlicher Lehrtätigkeit in Tageskliniken.

McGoldrick, Kathryn (United States of America): Future training of anesthesiologist in the United States of America
Die zunehmende Alterung der Bevölkerung wird zu einer Zunahme von minimal-invasiven Prozeduren führen. Dies wird einen relativen Mangel an Anästhesist/Innen auslösen. Ein solcher Mangel könnte durch die Übernahme von einfachen Narkosen durch Assistenzpersonal ausgeglichen werden.

Toftgaard, Claus (Denmark): International survey
In allen befragten Ländern nimmt der Anteil der ambulanten Operationen an der Gesamtzahl der Operationen zu. Dies gilt für 33 ausgewählte Standard-Operationen, die jedoch in den einzelnen Ländern unterschiedlich oft durchgeführt wurden.
Kommentar: Deutschland konnte 2009 an dieser Erhebung nur eingeschränkt teilnehmen, da sowohl das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) als auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) nach ihren Angaben keine Zahlen zur Häufigkeit von Standardoperationen (Indikator-Operationen wie Hernienoperation, Mammatumoren, Hauttumoren etc.) liefern konnten. Zu Zeiten des EBM 2000plus konnte der BAO noch durch Summation der Häufigkeiten der Standard- Operationen in den einzelnen KV-Statistiken auf die Gesamthäufigkeit in Deutschland schließen. Seit 2005 ist dieses nicht mehr möglich. Hier müsste dringend eine bundesweite Oparationsstatistik erstellt werden.

Felsby, Sven (Denmark): Quality control of anti-emetic prophylaxis in day surgery
Das Weglassen von perioperativen Opioiden senkte das Auftreten von Übelkeit und Erbrechen (PONV) um 35 %.

Rankin, Elizabeth (Australia): Theatre Costing
Das Programm erlaubt, die Kosten jeder einzelnen Operation anhand der Operationszeit der einzelnen Operateure, der verwendeten (Einmal-)Materialien sowie der postoperativen Betreuungszeit etc. zu bestimmen.
Kommentar: Seit Jahren ist es möglich, die ungefähren Operationskosten anhand der jeweiligen Operations-Blockierungs-Zeit (OBZ) abzuschätzen (http://www.mao-bao.de/artikel/2005JB_Praxiskosten.htm , http://www.arzt-in-europa.de/pages/2007JB_AmbOp.html). Jetzt kann mit Hilfe des neuen EDV-Programms eine genauere Berechnung anhand individueller Parameter (OP-Zeit, OP-Material, Überwachungszeit etc.) erstellt werden, Dieses belastet zwar die Arbeitskraft der Mitarbeiter/Innen durch notwendige Zeitmessungen, genaue Vorratshaltung etc., ermöglicht aber auch, u. a. eine "gerechtere" Verteilung der Gewinne zwischen Partnern vorzunehmen und Daten für Vertragsverhandlungen zu bekommen.

Plenary: The Challenge of Bureaucracy – A Global Perspective
Unter den 10 Diskussionsteilnehmern wurde für Deutschland Jost Brökelmann befragt.
- Zur international umstrittenen Frage der Qualitätsstandards in Arztpraxen nahm er wie folgt Stellung: Die Qualitätsstandards für das Operieren sollten in Arztpraxen und Krankenhäusern gleich sein.
- In Deutschland beträgt die Vergütung ambulanter Operationen und Narkosen durchschnittlich nur 25 % der bestehenden DRGs (Vescia 2008). Das Ambulante Operieren muss allgemein durch DRGs, und dann kostendeckend vergütet werden.

BAO und IAAS - einige grundsätzliche Bemerkungen

Schon 1993 hat der damalige Vorsitzende des BAO anlässlich des 2. Europäischen Kongresses für Ambulantes Operieren in Brüssel die Gründung einer International Association for Ambulatory Surgery (IAAS) bei den europäischen Mitgliedstaaten propagiert. 1995 wurde die IAAS gegründet, und seither wurde der BAO dort durch seine Delegierten Jost Brökelmann und Jacky Reydelet vertreten. Jacky Reydelet ist seit 8 Jahren Mitglied des Executive Committee (Präsidium) der IAAS.

Die IAAS hat im Jahre 2000 den BAO tatkräftig unterstützt, um an offizieller Stelle für die Einführung von DRGs für das Ambulante Operieren zu werben. So kam der damalige Präsident der IAAS Dr. Lindsay Roberts (Australien) extra nach Deutschland und bezeugte bei Treffen mit der KBV, der DKG, den Ersatzkassen und dem MDK die guten Erfahrungen in Australien mit ambulanten DRGs (http://www.arzt-in-europa.de/pages/2000JB_DRGs.htm).

In den vergangenen 14 Jahren konnte der BAO viele Entscheidungen der IAAS wesentlich beeinflussen: So hat er die Resolutionen über die Minimal-Standards für Operative Einheiten beeinflusst – sie entsprechen im Wesentlichen den Bedingungen in Deutschland – und das Operieren in Spezial-Praxen mit Krankenhaus-Standard international "hoffähig" gemacht (siehe IAAS-Handbuch 2006). Auch hat der BAO durch mehrere Vorträge über das Qualitätssicherungssystem AQS1 auf den internationalen Kongressen eine Vorreiterrolle in der Qualitätssicherung und im Benchmarking eingenommen.
 
Da die meisten Mitglieder der IAAS vornehmlich aus dem Krankenhausbereich kommen, war es besonders wichtig, die Situation der niedergelassenen Ärzte in Deutschland zu vertreten. Dabei wird es heute immer deutlicher, dass der deutsche Weg des Ausbaus bestehender Praxen (ursprünglich als D-Arzt-Praxis, dann als operative Praxis, Tages- oder Praxisklinik) der kostengünstigste Weg ist, moderne chirurgische Medizin zu praktizieren.

Auf internationalem Parkett hat der BAO immer mit den Krankenhausärzten sehr gut zusammengearbeitet. Wir alle hatten das Ziel, das Ambulante Operieren international zum Durchbruch zu verhelfen. Wir Delegierten konnten häufig die beschränkte Sicht deutscher Operateure und Anästhesisten nicht verstehen, welche die Krankenhausärzte als Konkurrenz ansahen und wegen der Öffnung des BAO für Krankenhausärzte sogar aus dem BAO austraten. Zudem haben wir erlebt, wie stark der Gedanke des Ambulanten Operierens von den Krankenschwestern und Assistentinnen (Arzthelferinnen) unterstützt wird. Sie sind deshalb fast überall Mitglieder der IAAS. Hier hat Deutschland erheblichen Nachholbedarf.

Wir niedergelassenen Ärzte in Deutschland müssen aus unserer "Schmollecke" heraustreten und uns der internationalen Bewegung anschließen:
1. Gemeinsam mit den Krankenhausärzten für kostendeckende DRGs für das Ambulante Operieren kämpfen,
2. auch in Deutschland die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in das Boot des Ambulanten Operierens hineinnehmen, und
3. Qualitätssicherung und Benchmarking zu unserem Markenzeichen machen.

Prof. Jost Brökelmann, Ehrenpräsident

Brisbane – 8. Jahreskongress der IAAS

Eine Investition in Wissen bringt noch immer die besten Zinsen. (Benjamin Franklin)

Getreu diesem Motto und angeregt durch die Werbung Jacky Reydelets (Schatzmeister der IAAS) auf dem Bremer BAO-Kongress im Mai 2008, habe ich mich also zum Kongress angemeldet, eine Reise drum herum gebaut und mich auf das "Abenteuer" Australien eingelassen. Tapfere Reisebegleiterin war meine 16jährige Tochter, die als Begleitperson angemeldet war, so war ein gemeinsames Mittagessen während der Kongresstage möglich.

Nach einer Woche Sydney sind wir dann zeitgerecht nach Brisbane geflogen, die Stadt im Wintersonnenschein machte es uns leicht, sie zu mögen.

Den Weg vom Hotel zum Congress Center konnten wir mühelos zu Fuß zurücklegen. Am Nachmittag machten wir uns auf den Weg zur Opening Ceremony, der traditionellen Nicoll lecture und der get-together-party.

Ein voller Sitzungssaal, feierliches Ambiente mit Nationalhymne und Militärkapelle, Schüler sangen eine weitere Hymne der Australier – "we are australian" - Upps soviel Feierlichkeit hatten wir gar nicht erwartet. Aber es war ein warmes und freundliches Willkommen für uns zugereiste Gäste. Zu den Gästen und Rednern der Eröffnungsfeier gehörte auch der Vize-Premierminister von Queensland, der die Teilnehmer herzlich begrüßte und aufforderte gemeinsam Lösungen zu finden, um die, auch in Australien stetig steigenden, Gesundheitskosten einzudämmen. Ich hatte den Eindruck, dass es hier tatsächlich um einen gemeinsamen Ansatz geht, die Ärzte waren hier kein Feindbild, im Gegenteil es wurde ein positives Interesse an unserer Arbeit vermittelt.

Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Schutzmauern, die anderen bauen Windmühlen. (chin. Weisheit)

Diese chinesische Weisheit sollte fortan den Kongress beflügeln, Kollegen aus aller Welt berichteten was wo wie getan wurde, einiges sicher eher befremdlich für deutsche Anästhesistinnen-Ohren, anderes eine tolle Anregung und vieles war erstaunlich gleich. So war die Erkenntnis, dass wir uns hinter der Welt nicht verstecken brauchen, eine sehr angenehme. Allerdings sind uns die Kollegen aus den USA, Australien, England, Indien und Hongkong sicher um einiges voraus bei der Entscheidung, was alles ambulant als day-care operiert wird, aber dies ist eine große Chance nachzulegen.

- So wird als day-care alles gerechnet, was nach 23 Stunden Aufenthalt wieder zu Hause eintreffen lässt. Über 50 % aller LSK-Cholecystektomien werden weltweit als day-care erbracht.
- Die dänischen Kollegen haben keine Sorge Patienten postoperativ in ein "empty home" zu entlassen, während dies bei den Kollegen in den Niederlanden und in Australien ebenso eng gesehen wird wie bei uns.
- In den USA, Australien, Schweden etc. kümmern sich allerdings die außerordentlich engagierten nurses um die postoperative Versorgungssituation, auf diese entfällt auch die Beratung für präop. Vorbereitung und postoperatives Verhalten.
- Schwedische Kollegen empfehlen die anästhesiologische Aufklärung von ASA I Patienten als Tätigkeit der nurses, ebenso ist bei diesen nur ein Arzt zur Ein- und Ausleitung vorhanden, die "Langstrecke" während der OP bewacht die nurse, nach Vorgaben des Arztes, der auch für Rückfragen zur Verfügung steht.
- Die Inder operieren soviel als möglich, zum Teil unvorstellbar für uns, in Lokalanästhesie.
- In allen Nationen ist die "friendliness of staff" das höchste Gut für die Patientenzufriedenheit.

Bei all diesen Aufzählungen gab es doch ein kleines "schade", während sich Kollegen aus Spanien, Ungarn und anderen kleinen Nationen präsentierten, gab es nur einen einzigen deutschen Kollegen, der einen Vortrag hielt, unser Ehrenpräsident Jost Brökelmann. Ja richtig, ich habe auch keinen Vortrag gehalten, ich hatte nicht erwartet, etwas für die Welt interessantes hinzufügen zu können. Hier gelobe ich für 2011 Besserung, die Kollegen waren sehr begierig zu erfahren, wie es bei uns läuft.

Wer die Welt bewegen will, sollte erst sich selbst bewegen. Sokrates

Am Samstagabend gab es dann das Congress Dinner. Hier gab es dann zunächst Diskussionen mit meiner Reisebegleiterin, "wollen wir da überhaupt hin, wir kennen doch keinen…" das kommt sicher jedem bekannt vor. Aber aller negativen Gedanken zum Trotz machten wir uns auf den Weg. Und wir wurden reicht belohnt, ein wundervoll geschmückter Saal öffnete die Herzen. Wir fanden einen Tisch und zu uns gesellten sich 8 Australier aus unterschiedlichen Regionen und schnell war ein lebhafter Gedankenaustausch im Schwung. Wir erhielten etliche Reisetipps für die post congress tour, super Essen und guter Wein und eine freundschaftliche, lebhafte Unterhaltung – alles zusammen ein rund herum schöner Abend, auch für meine Tochter.

Sehr angenehm aufgefallen ist die breite Anwesenheit internationalen pflegerischen Personals, was mich erneut dazu bringt, die Öffnung des BAO für unsere Schwestern, Helferinnen und Praxis-ManagerInnen zu fordern, wir sind da tatsächlich "hinterm Mond". So wurde in Brisbane erstmals die traditionsreiche Nicholl lecture von einer Krankenschwester, Jill Solly, aus London gehalten. Zwar beschränkte sie sich auf Zahlen und Fakten und ließ den Ausblick auf die Zukunft vermissen, aber es war ein gutes Zeichen für die Integration von Pflegepersonal in verantwortliche Positionen im Zusammenhang mit dem ambulanten Operieren. Die Pflege in England hat einen gerade für größere Einheiten nützlichen Bogen erstellt, um Verwechslungen auszuschließen und die Sicherheit auf Anästhesie und chirurgischer Seite zu erhöhen.

Eine jederzeit angenehme Erfahrung war, dass die Kollegen mit Englisch als Muttersprache äußerst positiv auf diejenigen zugingen, die Englisch als zweite oder dritte Sprache sprechen, da kam das "jenannte" wegen der Lücken im gelernten Englisch gar nicht erst auf. Die Arbeitsatmosphäre war sehr angenehm, ein freundlicher Austausch wurde gepflegt, keine Besserwisserei wie andernorts öfter mal. Es ging sachlich um Inhalte und Erfahrungsaustausch. Kein Gejammer über zu wenig Geld, es gab Wichtigeres, die Kommunikation und das Miteinander.

Das gesamte Congress Programm war gut gemacht, leider liefen immer mehrere Säle parallel, so dass es doch Interessenskonflikte gab. Nun ja. Nichts desto trotz konnte ich etliche gute Anregungen mit nach Hause nehmen, meine MitarbeiterInnen beginnen mit der Umsetzung und hoffen, dass ich nicht allzu schnell mit so vielen Ideen von einem anderen Kongress heim komme.

Montag früh begann der Tag mit einer Vorlesung der besonderen Art. Unter dem Thema "horizons of ambulatory surgery" referierte Anil Gupta aus Schweden "Is there anything that anaesthetists can’t do?" Eine herrliche Zusammenfassung der interdisziplinären Sichtweisen, der rechte Blick aufs Wesentliche, die Bitte um Zusammenhalt der Berufsgruppen, ein wenig Selbstkritik und die Conclusio, Anästhesisten können alles, nur nicht warten, aber sie wissen, was sie lassen sollten.

Besonders positiv dabei das Abschluss-Panel am Montag, bei dem 10 Kollegen/Nurses aus unterschiedlichen Nationen zu den gleichen Fragen aus der Sicht ihrer Heimatländer Stellung nahmen.

So bleibt am Schluss nur zu sagen
- Ich freue mich auf Kopenhagen
- hoffe Sie/Euch vom 8.-11. Mai 2011 dort zu treffen
- Ihre /Eure Vorträge zu hören,
- Gedanken auszutauschen.
- Wünsche mir, nicht wieder die einzige Deutsche Teilnehmerin zu sein.

Leben ist Bewegung und ohne Bewegung findet Leben nicht statt. Moshe Feldenkrais

Dr. Petra Tietze-Schnur, BAO-Präsidium, Schatzmeisterin

I.A.A.S 8th International Congress on Ambulatory Surgery – Brisbane, Queensland, Australia, 3 – 6 July 2009

Bei dem sehr gut besucht Kongress wurden exzellente internationale Berichte vorgetragen. Es gab zahlreiche Gelegenheiten, Gespräche mit Kollegen zu führen, um sich ein Bild der gegenwärtigen internationalen Situation zu schaffen.
Nach wie vor differieren die für die Tageschirurgie zugelassenen Diagnosen bzw. Operationen in den einzelnen Ländern sehr. Die verschiedenen Gesundheitssysteme ermöglichen unterschiedliche OP-Spektra mit ebenso unterschiedlichen Vergütungen.
Die Honorierung des Ambulanten Operierens durch DRG´s oder ähnliche Fallpauschalen (so z.B. in Frankreich) ist auch in der Europäischen Union sehr weit verbreitet. Bei diesem Thema bleibt leider Deutschland im Abseits und hat deshalb viel nachzuholen.
Die Privat-Versicherten stellen in Australien mittlerweile fast 50 % aller Patienten, so dass dieses ein wesentlicher Faktor für die Förderung des Ambulanten Operierens (Day Surgery) ist. So ist die Schönheits-Chirurgie in Australien sehr geschätzt und verbreitet. Die Tageschirurgie von Privatpatienten findet in Privatkliniken mit einer deutlich besseren Honorierung der Leistungen statt.
Das Ambulante Operieren ist durch die Verbreitung der Medi-Motels z.B. in Norwegen und Australien an seine Grenzen gekommen. Die Neigung, Prozeduren mit einer Übernachtung in einem angeschlossenen Hotel (slightly "medicalized" motel) noch als "ambulant" zu bezeichnen, nimmt zu. Deshalb fragen sich viele: Müssen die IAAS-Definitionen (vom IAAS-Kongress Venedig 1999) geändert werden? Sicherlich muss das Thema in Kopenhagen auf dem IAAS-Kongress im Mai 2011 erneut diskutiert werden.
Die Teilnahme von Krankenschwestern und Arzthelferinnen an dem Kongress war recht hoch. Hervorragende Vorträge über postoperative Pflege, Organisation und Management wurden von Tagesklinik-Mitarbeiterinnen gehalten. Wir müssen in Deutschland unseren Mitarbeiterinnen die Möglichkeit einräumen, auf Kongressen über ihre Erfahrungen zu berichten.
Die ambulante laparoskopische Cholezystektomie ist mittlerweile international fest etabliert. Über einen Vergleich ambulante versus stationäre Durchführung gab es 5 Vorträge aus Spanien, Mexiko, Neuseeland, United Kingdom und Serbien, alle mit sehr guten Ergebnissen für das Ambulante Operieren. Die deutschen Leistungen sind im ambulanten Sektor wegen des herrschenden ökonomischen Druckes leider sehr bescheiden.

Wir haben in Brisbane viel gehört und können von den Erfahrungen anderer Länder viel profitieren. Leider bleibt in Deutschland nach wie vor das Ambulante Operieren ein Kampffeld zwischen Leistungserbringern, Politik und Krankenkassen - mit einer unsicheren Zukunft.

Jacky Reydelet, IAAS Treasurer

8th International Congress on Ambulatory Surgery
3 – 6 July 2009, Brisbane Convention & Exhibition Centre

Delegates by Country of Origin
 
Australia
462
Belgium
Belgium
11
China
10
Czech Republic
1
Denmark
13
Finland
6
France
3
Germany
4
Hong Kong
2
Hungary
3
India
5
Italy
2
Mexico
1
New Zealand
87
Norway
14
Portugal
7
Romania
1
Saudi Arabia
1
Serbia
1
Singapore
2
Spain
4
Sweden
5
Switzerland
1
The Netherlands
9
United Arab Emirates
1
United Kingdom
15
United States of America
10
Vietnam
1
Other (Country Not Available)
6
Accompanying Persons
36
TOTAL
724

Prof. Dr. Jost Brökelmann, Redakteur BAO-MAO-Aktuell
Bundesverband für Ambulantes Operieren e.V. – BAO
Präsident Dr. med. Axel Neumann
Vereinsregister VR 6346
Managementgesellschaft Ambulantes Operieren – MAO
Sterntorbrücke 1, D-53111 Bonn
Tel.: 0228-692423, Fax: 0228-631715
E-Mail: baobonn@t-online.de oder maobonn@t-online.de
Internet: http://www.operieren.de oder http://www.mao-bao.de

Chirurgen Magazin + BAO Depesche

Heft 111 | Ausgabe 1 – Februar 2024
Sektorenverbindende Versorgung: Können Hybrid-DRG wirklich die verschleppte Ambulantisierung retten?
weiter

OP-Netzwerk

2021 OP-Netzwerk | Ein Service des BAO e. V. Auf OP-Netzwerk finden interessierte Ärztinnen und Ärzte umfangreiche Informationen, hilfreiche Tipps und wichtige Anlaufstellen rund um das Thema "Ambulantes Operieren". !
weiter

Berufsverband der Phlebologen e.V.

Der Berufsverband der Phlebologen und Lymphologen e.V.
weiter

Helmsauer Gruppe

Persönlicher Kontakt, Vertrauen und Stabilität stehen bei uns an erster Stelle, wenn es um die Betreuung unserer Kunden geht...
+ Kompetenz aus jahrzehntelanger Erfahrung + Spezialisierung auf Ihre Bedürfnisse + Mehrwerte über exklusive Rahmenverträge
weiter

Partner PKG

Die Deutsche Praxisklinikgesellschaft (PKG) e.V. ist ein Zusammenschluss von Operationszentren, Tages- und Praxiskliniken und medizinischen Versorgungszentren, in denen ambulante und praxisklinische Operationen durchgeführt werden.
weiter

Partner AND

Das AND e.V. als Zusammenschluss regionaler Anästhesie-Netze und –Genossenschaften vertritt auf Bundesebene Interessen der freiberuflich tätigen und niedergelassenen Anästhesisten.
weiter

Partner DGH

Deutsche Gesellschaft für Handchirurgie
weiter

BVASK

Der Berufsverband für Arthroskopie e. V.
weiter